Zusammenfassung
Die menschliche Nebenniere zeichnet sich gegenüber der der Säugetiere durch einen
bedeutenden Windungsreichtum sowie durch die stärkere Entwicklung des Rindengewebes
in der Umgebung der großen Markvenen aus. Es kommt dies dadurch zustande, daß während
der zweiten Hälfte der Embryonalzeit eine tiefe Furchung entlang der Zentralvene des
Organes erfolgt. Die auf diese Weise in die Tiefe gelangten Teile des peripherischen
Rindengewebes bilden eine kontinuierliche Fortsetzung des letzteren; sie halten der
Degeneration der inneren Rindenschichten während der ersten Periode des extrauterinen
Lebens stand.
Das stärkere Wachstum in der ersten Hälfte der intrauterinen Entwicklung, die tieferen
Furchungsprozesse in der zweiten Hälfte, die Degeneration der inneren Rindenteile
nach der Geburt — sind Characteristica des menschlichen Interrenalorganes. Durch diese
eben unterscheidet es sich von dem der Säugetiere und zeigt somit gegenüber diesem
einen phylogenetischen Fortschritt, wie er in solchem Maße an keinem anderen inneren
Organe, außer dem Gehirn, zu beobachten ist. Zu dieser Analogie gesellt sich die weitere,
daß bei gewissen Hirnmißbildungen (Anenzephalien) es namentlich die Nebennierenrinde
ist, die hypoplastisch befunden wird.
Durch die Furchungsprozesse und die „Degeneration” kommt der Windungsreichtum der
menschlichen Nebennierenrinde zustande. Dank diesem Windungsreichtum, der eine dritte
Analogie mit dem Gehirn darstellt, wird die äußere und innere Oberfläche der Nebennierenrinde,
mithin auch die Kontaktfläche mit dem Nebennierenmark vergrößert. Die Bedeutung dieser
Tatsache für die Korrelation zwischen der Nebennierenrinde und dem parasympathischen,
mittelbar also auch dem sympathischen System, ist ersichtlich.