Dtsch Med Wochenschr 1929; 55(41): 1701-1704
DOI: 10.1055/s-0028-1127338
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Weitere Beobachtungen bei der Lebertherapie der Anaemia Perniciosa an 80 Faellen und ueber die Ursache von Misserfolgen und Todesfaellen

Viktor Schilling
  • Aus der I. Medizinischen Universitätsklinik in Berlin. (Direktor: Geh.-Rat W. His.)
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Publication Date:
13 August 2009 (online)

Zusammenfassung

  1. Von 80 seit Februar 1928 behandelten Fällen von echter Anaemia perniciosa ergaben 50 relative Heilung mit Erythrozytenwerten bis über 4 000 000 (davon 30 Werte über 4œ Millionen). Zwanzig weitere Fälle erzielten in der Beobachtung erst gute Besserung und befanden sich beim Abschluß der Behandlung in 17 Fällen zwischen 3—4 Millionen, in 3 Fällen noch zwischen 2 bis 3 Millionen Erythrozyten, zeigten aber allergrößtenteils gute Tendenz zur weiteren Besserung. Ein Fall blieb zwischen 3—4 Millionen refraktär trotz längerer Behandlung. Fünf Fälle ergaben klinisch keinen Erfolg. Vier standen erst im Anfang der Behandlung.

  2. Vierzehn von den 80 Behandlungen betrafen frühere Patienten mit inzwischen eingetretenen Verschlechterungen durch mangelhafte Fortführung der Therapie oder einfache Fortsetzungen der Behandlung als Kontrolle. Soweit diese Fälle unkompliziert waren, sprachen sie auch bei längerer Dauer der Behandlung (die längsten seit September und Oktober 1926) ebenso gut an wie früher.

  3. Von 6 Todesfällen innerhalb der Lebertherapie zeigte keiner den schweren Anämiebefund der Todesfälle vor Leberbehandlung; 2 Sektionen ließen überhaupt die Anaemia perniciosa nicht mehr erkennen; 2 Fälle waren erst in schwerem Zustande einer 8- bzw. 11tägigen Leberkur unterzogen und starben an Bronchopneumonien; 1 Fall starb an Taboparalyse bei gutem Blutstatus und nur fleckförmig regeneratorischem Knochenmarke; 1 Fall, der sich 25 Tage refraktär verhalten hatte, erwies sich bei der Sektion als kompliziert mit einseitiger Hydronephrose, Herzerweiterung u. a. Keiner der Todesfälle war also ohne schwere Komplikation.

  4. Nur 1 von den 74 weiteren Fällen verschlechterte sich trotz Behandlung, war aber schwer asthenisch und kompliziert durch konstitutionelle Blutarmut und Menorrhagien. Ganz vereinzelte Fälle schienen sich dauernd etwas refraktär bei nur leidlichem Blutbefunde zu halten, waren aber durch Senilismus usw. kompliziert.

  5. In sehr vielen Fällen wurde Verschlechterung durch unsachgemäße Ausführung der Leberdiät vorher nachgewiesen und die Besserung durch richtige Einstellung der Kur und Verwendung von Naturleber statt Extrakten sogleich oder nach Ueberwindung der entstandenen Schädigungen noch erzielt.

  6. Die Lebertherapie hat sich demnach an einem weiteren großen Material als sehr wirksam erwiesen und konnte selbst bei schweren und tödlichen Komplikationen den eigentlichen Anämietod ausnahmslos verhindern. Auch die funikuläre Medullose (Myelose) als hartnäckigstes Symptom der Krankheit wird augenscheinlich gebessert und gehemmt, da nur 2 Todesfälle an ihren Folgen nachweisbar waren und in beiden Fällen schwere Verstöße gegen die Lebertherapie vorlagen. Als Ursache von „Versagern” wurden ausnahmslos schwere Komplikationen der verschiedensten Art festgestellt.

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