Zusammenfassung
Die durch die Aussprache zu meinem Vortrag angeregte Diskussion würde sich als fruchtbar
erweisen, wenn sie dazu führen würde, einige grundlegende Begriffe der Epidemiologie
und Infektionslehre etwas präziser zu fassen, als vielfach üblich. Es ist irreführend,
wenn die Bezeichnung latente Durchseuchung nicht, wie es richtig ist, ausschließlich für den Vorgang der Infektion gebraucht
wird, sondern zugleich für den Durchseuchungsschutz, der eine Folge der Infektion
und mit ihr nicht zwangsläufig gekoppelt ist. Denn Durchseuchung und Durchseuchungsschutz
sind Faktoren, die das epidemiologische Geschehen im entgegengesetzten Sinne beeinflussen.
Allgemein gebräuchlich ist ferner die Bezeichnung Immunität für zwei ganz verschiedene Begriffe. Sofern es sich um die erworbene Immunität handelt,
wird darunter einmal die erhöhte Abwehrbereitschaft des Organismus gegen Infekte verstanden,
also eine Eigenschaft, die zwar erst bei einer neuen Infektion manifest wird, aber
auch ohne sie an sich vorhanden ist. Anderseits bezeichnet aber Immunität auch die
erfolgreiche Abwehr eines Infektes, im zweiten Fall also nicht eine Eigenschaft des
Organismus, sondern einen Vorgang, für dessen Ablauf die pathogenen Eigenschaften
des Krankheitserregers ebenso maßgebend sind wie die Abwehrkräfte des Organismus.
Es kann also der Fall eintreten, daß durch einen vorausgegangenen Infekt die Abwehrkräfte
zwar erhöht sind, aber trotzdem durch einen neuen Infekt mit besonders zahlreichen
oder pathogenen Keimen durchbrochen werden. Durch den doppelsinnigen Gebrauch des
Wortes Immunität entsteht so der scheinbare Widerspruch, daß jemand erkrankt, obwohl
er immun ist. Eine schärfere Formulierung dieser Begriffe wird hoffentlich in Zukunft
Mißverständnisse verhindern, wie sie in der Diskussion zutagegetreten sind.