Krankenhaushygiene up2date 2008; 3(4): 196-201
DOI: 10.1055/s-0028-1119446
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Rachen- und Rektalabstriche bei Intensivpatienten – wichtiger als gedacht?!

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Publication Date:
27 January 2009 (online)

Batra R, Eziefula AC, Wyncoll D, Edgeworth J. Throat and rectal swabs may have an important role in MRSA screening of critically ill patients. Intensive Care Med 2008; 34: 1703 – 1706

Einerseits ist bekannt und klar, dass MRSA-Patienten ihre Umgebung stärker kontaminieren, wenn sie im Darm besiedelt und inkontinent sind, als Patienten, die zwar besiedelt, aber nicht inkontinent, sind. Eine rektale und nasale Kolonisation führt häufiger zu einer MRSA-Infektion als eine alleinige nasale Kolonisation. Andererseits wird das MRSA-Screening unterschiedlich gehandhabt, insbesondere differieren die Empfehlungen, an welchen Stellen Abstriche entnommen werden sollen.

Die Frage nach der Sensitivität einzelner Abstrich-Stellen stellten sich Batra und Kollegen. Sie untersuchten deshalb prospektiv von November 2004 bis Januar 2006 insgesamt 1470 Patienten auf einer Londoner Intensivstation.

Bei Aufnahme wurden alle Patienten auf MRSA gescreent. Folgende Stellen wurden abgestrichen: Nasenvorhöfe, Perineum und Axilla (ein Abstrich; zusammengefasst als keratinisierte, d. h. verhornte Haut), darüber hinaus Wunden (ausgenommen frische OP-Wunden), Rachen und Rektum.

Bei sieben Prozent der Patienten (105/1470) wurde innerhalb der ersten 48 Stunden ein MRSA nachgewiesen. Die Autoren erhielten die in der Tabelle dargestellten Ergebnisse.

Tabelle 1 Ergebnisse des MRSA-Screenings aufgeschlüsselt nach Abnahmeort der Proben. Abstriche Anzahl Patienten (%) Keratinisierte Haut Rachen Rektum Wunde + – – – 19 (18) + + – – 15 (14) + – + – 8 (8) + – – + 1 (1) + + + – 18 (17) + + + + 2 (2) – + – – 21 (20) – + – + 1 (1) – + + – 4 (4) – – + – 11 (10) – – – + 5 (5)

Die beste Aussagekraft (95%) erhielten sie mit einer Abstrichserie von keratinisierter Haut, Rachen und Rektum (100 von 105 Patienten konnten so entdeckt werden). Abstriche von keratinisierter Haut zeigten nur 60 % der MRSA-Patienten (n = 63) auf; eine Kombination von keratinisierter Haut und Rektalabstrich fand 74 % und eine Kombination von keratinisierter Haut und Rachen immerhin 85 % der MRSA-positiven Patienten. Ohne Rektalabstrich wären jedoch 10 % der MRSA-Träger (n = 11) nicht identifiziert worden; ein Fünftel der Patienten war ausschließlich im Rachenabstrich positiv.

Die Autoren diskutieren, warum bei Intensivpatienten Nasenabstriche eine relativ niedrige Sensitivität haben (dies zeigen auch andere aktuelle Studien). Leider konnten sie nicht zwischen Nachweis in der Nase, Axilla und Perineum differenzieren, da aus Kostengründen und entsprechend den englischen Empfehlungen diese Abstriche gepoolt wurden. Auch wenn unklar bleibt, warum letztlich bei Intensivpatienten über Nase-/Hautabstrich nur knapp zwei Drittel der MRSA-Träger entdeckt werden konnten und warum das MRSA-Reservoir im Rachen und im Darm eine so große Rolle spielt, sind die Zahlen überzeugend.

Fazit: Zusammenfassend plädieren die Autoren nicht für eine orale Gabe von Vancomycin zur Dekolonisierung einer Trägerschaft von MRSA im Darm, jedoch dafür, sich auf optimale Screeningabstrich-Orte zu einigen, um gezielte Hygiene- und Reinigungsmaßnahmen entsprechend der Politik vor Ort ergreifen zu können. Dadurch würden die Ergebnisse von Interventionsstudien auch vergleichbar.

PD Dr. med. Elisabeth Meyer, Berlin

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