Zusammenfassung
Nach einer Literaturübersicht über die Erfolge der operativen, antithyreoidalen und
Radiojod-Therapie bei Schilddrüsenüberfunktion werden die Ergebnisse bei 150 eigenen
Fällen mitgeteilt, die mit J131 behandelt wurden.
Bei 88% der Patienten wurde klinisch eine Vollremission erzielt, ein Ergebnis, das
die chirurgischen Behandlungserfolge mindestens erreicht, wenn nicht übertrifft. 12%
der Patienten wurden gebessert. Bei 4% entwickelte sich eine thyroxinbedürftige Hypothyreose.
Die in 16% manifeste Herzinsuffizienz während des Überfunktionszustandes der Schilddrüse
konnte in allen Fällen mit deren Normalisierung beseitigt werden. Elektrokardiographische
Veränderungen im Sinne eines Myokardschadens haben sich bisher nur in 50% vollständig
zurückgebildet, während Arrhythmien und Reizleitungsstörungen praktisch unbeeinflußt
blieben.
In 61% der untersuchten Patienten wurden vor der Behandlung Leberfunktionsstörungen
z. T. erheblichen Grades nachgewiesen. Bei zwei Dritteln dieser Fälle normalisierte
sich die Leberfunktion mit dem Erreichen der Euthyreose (Thyreohepatopathien), während
bei einem Drittel der Patienten die Leberfunktionsstörungen auch bei normalisierter
Schilddrüsenfunktion bestehen blieben (echte Hepatopathien?). Bei 54% der Patienten
bestand bei Beginn der Behandlung eine Hypoproteinämie, die sich in allen Fällen zurückbildete.
Diese Befunde begründen die Forderung nach einer hochwertigen eiweißund vitaminreichen
Kost bei der Behandlung der Thyreotoxikose.
Die Dosierung des J131 erfolgte in Röntgenäquivalenten pro Gramm Schilddrüsengewebe. Die rep-g-Dosierung
ist die Voraussetzung zum individualisierenden, protrahierten, mehrzeitigen oder zum
gezielten, kurzzeitigen Abbau der Schilddrüsenüberfunktion. Es werden Indikationen
zum fraktionierten Abbau der Überfunktion aufgestellt.
Sowohl vor als auch nach der Therapie wurde das 2-Phasen — also Jodid- und Thyroxinphase
umfassende — Radiojodstoffwechselstudium durchgeführt. Diese Untersuchung bietet —
gemessen am Therapieerfolg — mit 97% die größte diagnostische Treffsicherheit. Die
Ergebnisse der Radiojodstoffwechseluntersuchung nach erfolgreicher Jod-131 -Therapie sprechen für das Bestehen von zwei pathogenetisch verschiedenartigen Gruppen
der Schilddrüsenüberfunktion, nämlich
a) eine Gruppe mit schneller Rückbildung der Überfunktionskriterien in beiden Phasen
des Jodstoffwechsels nach erfolgreicher Therapie. Nach klinischer Heilung besteht
im Jodstoffwechsel kein Anhalt für ein erhöhtes Sekretionsniveau an thyreotropem Hormon.
b) eine Gruppe der Überfunktion mit Weiterbestehen eines erhöhten Sekretionsniveaus
des HVL an thyreotropem Hormon, auch im Stadium der klinischen Heilung. Es besteht
eine erhöhte intrathyreoidale Jodumsatzgeschwindigkeit bei Limitierung der Jodaufnahme
der Schilddrüse über Monate bis Jahre nach klinischer Heilung des Patienten. Die Schilddrüsenhormonproduktion
ist also durch die reduzierte Jodaufnahme der Thyreoidea begrenzt. Der Therapieeffekt
läßt sich nicht in der Thyroxinphase, dagegen gut in der Jodidphase des Radiojod-Stoffwechselstudiums
beurteilen. Die 2-Stunden-Aufnahmemessung über der Schilddrüse 4 Wochen nach der Radiojod-Therapie
gestattet, den zu erwarteten Therapieerfolg bereits vor seiner klinischen Manifestation
zu beurteilen.
Auf die im Rahmen einer regelmäßigen Anwendung des Radiojods in Diagnostik und Therapie
notwendigen Strahlenschutzmaßnahmen wird hingewiesen.