Zusammenfassung
Die multizystische Nierendysplasie ist eine von anderen zystischen Nierenerkrankungen
klar abgrenzbare Mißbildung, bei der kein ausscheidungsfähiges Nierenparenchym vorliegt
und der zugehörige Harnleiter atretisch ist oder völlig fehlt. Aus der Literatur und
aus eigenen Beobachtungen von acht Patienten geht hervor, daß bisher die Häufigkeit
wie auch die vielfach ungünstige Prognose unterschätzt wurden. Das Krankheitsbild
wird im Kindesalter oft erst bei ausgedehnter Zystenbildung intraoperativ diagnostiziert.
Beim Erwachsenen führen Kalkeinlagerungen in die Zystenwand zu charakteristischen
röntgenologischen Befunden. Die Diagnose ist hier allein durch das Ausscheidungsurogramm
zu stellen, im Kindesalter nahezu immer durch Nephrotomographie, gegebenenfalls ergänzt
durch Zystoskopie und retrograden Nachweis eines Ureterrudimentes. Im Säuglings- und
Kleinkindesalter finden sich in zwei Drittel der Fälle zusätzliche Anomalien: kardiovaskuläre
und intestinale Mißbildungen sowie besonders häufig an der kontralateralen Niere primäre
Dys- und Hypoplasie und sekundäre Schädigung durch Harnabflußstörungen infolge Ureterobstruktion
oder Ostiuminsuffizienz mit Reflux und Infekt. Seltener und in geringerer Ausprägung
werden solche Anomalien auch beim Erwachsenen gefunden. Eine absolute Indikation zur
Entfernung der multizystischen Niere besteht im Säuglings- und Kleinkindesalter bei
Verdrängungserscheinungen. Auf die Nephrektomie sollte in den übrigen Fällen dann
verzichtet werden, wenn das Operationsrisiko durch zusätzliche Anomalien oder fortgeschrittenes
Lebensalter erhöht ist.
Summary
Multicystic renal dysplasia is a condition which can be clearly distinguished from
other cystic renal diseases: there is no functional renal parenchyma and the ipsilateral
ureter is atretic or absent. Review of published reports and observations on eight
patients indicate that the incidence and the often unfavourable prognosis have been
underestimated. In childhood the condition is often diagnosed only at operation performed
for extensive cyst formations. In adults calcifications in the cyst walls produce
a characteristic radiological picture. The diagnosis is made with an excretion urogram,
in children almost always by nephrotomography, if necessary supplemented by cystoscopy
and retrograde demonstration of a rudimentary ureter. Additional anomalies are found
in two-thirds of cases seen in infants and young children: cardiovascular and intestinal
anomalies, as well as primary dysplasia and hypoplasia or secondary damage caused
by abnormal urine flow due to ureteric obstruction or insufficiency of the ostium
with reflux and secondary infection especially in the contralateral kidney. Such anomalies
are also found in adults, but more rarely and less marked. In infants and young children
the absolute indication for removal of a polycystic kidney is serious displacement
of or pressure on other organs. Otherwise nephrectomy should not be performed in those
cases in which the surgical risk is increased by additional anomalies or age.