Klin Monbl Augenheilkd 2008; 225 - D8
DOI: 10.1055/s-0028-1096384

Beidseitige Visusminderung bei urämischer Optikusneuropathie

M Hinz 1, W Behrens-Baumann 1
  • 1Universitäts-Augenklinik Magdeburg

Einleitung: Optikusneuropathien können bei verschiedenen Grunderkrankungen, wie z.B. Sarkoidose, Lymphomen, Tuberkulose, meningitischen Erkrankungen und renale Erkrankungen mit erhöhten Kreatininspiegeln, auftreten. Fallbeschreibung: Wir beobachteten einen 51-jährigen Patienten mit autosomal-dominanter polyzystischer Nierendegeneration im Stadium der terminalen Niereninsuffizienz. Innerhalb von 3 Tagen war an beiden Augen eine starke Visusminderung aufgetreten. Funduskopisch zeigte sich beidseits eine randscharfe, vitale Papille. Das Gesichtsfeld am rechten Auge war temporal eingeschränkt und am linken Auge nicht zu erheben. Im Blitz- und Muster-VEP konnten keine reproduzierbaren Potenziale nachgewiesen werden. Die Lichtreaktion zeigte sich rechts direkt und indirekt verzögert, sowie links direkt nicht und indirekt träge auslösbar. Wir behandelten mit Prednisolon (initial 500mg über 4 Tage) intravenös und darauffolgender ausschleichender Dosierung sowie mit Pentoxifyllin- und Heparin-Natrium-Pumpe. Darunter kam es an beiden Augen zum deutlichen Visusanstieg (RA: von 0,16 auf 1,0, LA: nulla lux auf 0,6p), Absinken des Kreatininspiegels (von 437 auf 298µmol/l), der Blutsenkungsgeschwindigkeit (von 70/100 auf 21/40) und Besserung des Allgemeinbefindens des Patienten. Des Weiteren zeigten sich zeitversetzt gebesserte Befunde in der elektrophysiologischen Untersuchung sowie ein Rückgang der Gesichtsfelddefekte. Sowohl im durchgeführten CT und MRT des Schädels als auch in der 24-h-Blutdruckmessung, im EKG, in der Infektionsserologie, in der HLA-Typisierung, im Röntgen-Thorax, im Ultraschall der hirnzuführenden Gefäße und der immunologischen Diagnostik ließ sich keine andere Ursache als die autosomal-dominante polyzystische Nierendegeneration im Stadium der terminalen Niereninsuffizienz erkennen.

Schlussfolgerung: Bei urämischer Optikusneuropathie mit plötzlich einsetzender praktischen Erblindung kann sich unter intensiver Therapie die Funktion wieder erholen.