Klin Monbl Augenheilkd 2008; 225 - R2
DOI: 10.1055/s-0028-1096378

Differenzialdiagnose „Dicke Augenmuskeln“

V Bau 1, L Marquardt 1, GIW Duncker 1
  • 1Universitätsklinik und Poliklinik für Augenheilkunde Halle/Saale

Hintergrund: Verdickte Augenmuskeln sind im Erwachsenenalter Kennzeichen verschiedener Krankheitsbilder. Bildmorphologisch ist eine Abgrenzung häufig nicht möglich. Die Beurteilung der Symptomatik und des Krankheitsverlaufes spielt deswegen bei der Diagnosestellung eine erhebliche Rolle. Methoden: An 3 Patienten mit einer Auftreibung der äußeren Augenmuskeln und daraus resultierender Motilitässtörung mit Diplopie werden Differenzialdiagnosen diskutiert. Ergebnisse: Ein 67-jähriger Mann zeigte im MRT eine fast schmerzlose Auftreibung des rechten M. rectus superior. Der chronische Reizzustand und das geringe Ansprechen auf Prednisolon führten zur Verdachtsdiagnose eines Lymphoms, welche durch eine Augenmuskelbiopsie bestätigt werden konnte. Eine 70-jährige Patientin zeigte ähnliche Symptome: schmerzlose Diplopie seit mehreren Monaten bei deutlich verdicktem M. rectus inferior links. Bei genauer Betrachtung zeigten sich auch der rechte M. rectus medialis und beide Mm. recti inferiores diskret verdickt. Der Laborbefund mit normalen Schilddrüsen-Hormonspiegeln, aber leicht supprimiertem TSH und vor allem positiven TSH-Rezeptor-Antikörpern (18,8 IU/l) führte dann zur Diagnose einer atypischen endokrinen Orbitopathie. Eine bildmorphologisch ähnliche Verbreiterung des M. rectus medialis zeigte ein 37-jähriger Mann, dessen Motilitätsstörung jedoch mit erheblichen Schmerzen einherging. Der schnelle Rückgang von Diplopie und Schmerzen unter Prednisolongabe passte zum Bild einer okulären Myositis. Schlussfolgerungen: Bildmorphologisch sind eine endokrine Orbitopathie, eine okuläre Myositis oder ein Lymphom nicht sicher voneinander abzugrenzen. Primär wegweisend ist die klinische Symptomatik, hilfreich dann die Paraklinik. Der Wert eines orbitalen MRT liegt bei diesen Krankheitsbildern eher in der genauen Lokalisation der Störung und im Ausschluss anderer Pathologien. Bei atypischen Verläufen muss in alle Richtungen gedacht werden, insbesondere um ein orbitales Lymphom früh zu diagnostizieren.