Pharmacopsychiatry 1973; 6(1): 132-136
DOI: 10.1055/s-0028-1094376
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Research on Alcohol, Drugs and Driving. Concluding Summary by the Chairman

J.D.J. Havard
  • Under Secretary of British Medical Association Tavistock Square, London, England
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Publication Date:
20 January 2009 (online)

Zusammenfassung

Das vergangene Jahrzehnt zeigte in technisch entwickelten Ländern einen starken Anstieg der Sterblichkeits- und Verletzungsziffer von Motorfahrzeuglenkern. Dieser Anstieg war aber auch qualitativ, insofern nämlich die Aufprallgeschwindigkeit der Straßenunfälle, bei denen die Fahrer in Mitleidenschaft gezogen werden, heute so hoch ist, daß immer häufiger Gewebeschäden festgestellt werden müssen, die entweder tödlich sind oder doch dauernde Schäden hinterlassen. Daraus ergibt sich, daß derartige Unfälle für die Gesellschaft eine schwere wirtschaftliche Belastung darstellen. In der Terminologie des Öffentlichen Gesundheitswesens stellen die Motorfahrzeuglenker eine gefährdende und gefährdete Gruppe dar, was in verstärktem Maße auch von Fahrern unter Alkohol oder Drogen gilt.

Besonderes Gewicht muß deshalb der Erforschung derjenigen umweltbedingten u. menschlichen Faktoren beigemessen werden, die sich auf Sterblichkeits- und Verletzungsziffer auswirken. Wir haben in diesem Seminar gesehen, daß, obwohl die Verknüpfung Drogeneinnahme/Verwicklung in einen Unfall außer bei Alkohol nicht immer offensichtlich ist, Simulations- oder ähnliche Experimente bei den meisten Drogen doch eine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit aufzeigen. Wichtiger noch: Derartige Experimente haben unerwünschte Wechselwirkungen verschiedener Drogen untereinander (Alkohol eingeschlossen) nachgewiesen.

Die Pharmakologen haben überzeugende Erklärungen über die pharmakologischen Grundlagen solcher Wechselwirkungen geliefert, doch scheinen diese nicht immer mit den in physiologischen oder psychologischen Untersuchungen gefundenen Beeinträchtigungen übereinzustimmen. Es ist klar, daß in interdisziplinären Studien nach den Gründen derartiger Unstimmigkeiten gesucht werden muß. Prof. Moskowitz erklärte uns bezüglich der Bewertung der Fahrleistung die Überlegenheit von Tests der geteilten Aufmerksamkeit gegenüber solchen über konzentrierte Aufmerksamkeit und zeigte interessante Unterschiede in der Wirkung verschiedener Drogen auf eben diese Angaben. Einer der wichtigsten, den Klinikern seit einiger Zeit bekannten, Gesichtspunkte in diesem Seminar war, daß bei vielen Drogen die beobachtbare Wirkung nur in sehr geringem Maße von der jeweiligen Konzentration der Droge abhängig ist.

Dr. Nicholls gab einleuchtende Gründe für verstärkte epidemiologische Studien über den Einfluß von Drogen auf das Fahrverhalten und die Unfallgefahr. Erst seit kurzer Zeit werden auf dem Sektor der Verkehrsunfälle epidemiologische Verfahren angewendet und somit ist diese Richtung relativ jung, Sie bietet aufregende Möglichkeiten, wirklich erfolgreiche Alternativen zu den ad hoc Maßnahmen zu finden, die heute so oft ohne die Grundlage wissenschaftlicher Evidenz angelegt werden.

In diesem Zusammenhang müssen wir mit einiger Sorge die Entscheidung der UNJIU (United Nations Joint Inspection Unit) erwähnen, nämlich die jährliche Veröffentlichung der europäischen Verkehrsunfallstatistiken (ECFE) einzustellen. Es gibt schon wenig genug epidemiologische Daten über Verkehrsunfälle, als daß man wichtiges Quellenmaterial unzugänglich machen könnte, auf dem nationale und internationale Arbeiten aufbauen könnten.

Die sich rasch ändernde Situation, in der wir uns befinden, wird durch die Tatsache illustriert, daß Cannabis in vielen Referaten eine Rolle spielt: Eine Situation, die noch vor 10 Jahren undenkbar gewesen wäre.

Die Verfahren und Methoden, die einige der Redner für die Messung der Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit beschrieben haben, sind für Forscher von beachtenswerter Wichtigkeit. Doch sollte man beachten, daß niemand die praktischen Probleme erwähnt hat, die sich den Gerichtsbehörden und Polizeiärzten entgegenstellen, wenn es darum geht, den drogenintoxikierten Fahrer zu identifizieren und zu diagnostizieren. Wenn es uns nicht gelingt, Drogenintoxikationen bei in Unfällen verwickelten Motorfahrzeuglenkern zu erkennen, wird es unmöglich sein, auf das Problem hinzuweisen und den Gesetzgeber davon zu überzeugen, daß Kontrollmaßnahmen nötig sind. Vom Pharmakologen hörten wir hinsichtlich der ärztlich verordneten Drogen- oder Medikamenteneinnahme, daß in vielen Fällen die Ärzte nicht aufgeklärt werden. Wir wissen, daß in der Tat die Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit nicht zu den Eigenschaften eines Medikamentes gehört, die abgeklärt sein muß, bevor dieses neue Medikament auf den Markt gelangen kann. Ungeheure und immer mehr ansteigende Mengen von Drogen und Medikamenten werden in technisch entwickelten Ländern konsumiert. Die Anzahl der Verschreibungen ZNS-stimulierender Substanzen beläuft sich in größeren Ländern bis auf viele Millionen pro Jahr, ebenso die ständig steigende Zahl der Personen mit einer Fahrerlaubnis.

Es wird nun an der OECD sein, an ihrer Vollversammlung (27.10.1972) die Ergebnisse dieses Seminars in praktikable Ideen zu übersetzen und zu entscheiden, welche Forschungsgebiete den größten realisierbaren Erfolg versprechen, wenn sie in Form von internationalen Forschungsprojekten angegangen werden.

Eine der wichtigsten Aufgaben ist natürlich, die Berufsmediziner darüber zu informieren, welche Drogen oder Medikamente die Fahrtüchtigkeit beeinflussen können, und ihnen deutlich zu sagen, welche Anweisung sie dem Patienten geben sollten.

Es wurde darauf hingewiesen, daß die Ärzte größtenteils die Gefahren nicht kennen, was durch die Arbeit von Nellermans bestätigt zu sein scheint.

Auch sollte all den Medikamenten und Drogen Beachtung geschenkt werden, die frei über den Ladentisch hinweg in der Apotheke erhältlich sind, hier besonders den Präparaten, die Antihistamine und Stimulantien enthalten.

Prof. Goldber betonte zusammenfassend:

a) die Wichtigkeit eines besseren Informationsaustausches zwischen den Forschern der verschiedenen Länder und

b) die Notwendigkeit, die Forschungsergebnisse in durchführbare Maßnahmen zu übersetzen, um die durch Drogeneinfluß bedingte Unfallgefahr einzudämmen.

Es bleibt mit nur noch, Herrn Professor Kielholz und der Psychiatrischen Universitätsklinik Basel dafür zu danken, dieses ausgezeichnete Seminar veranstaltet zu haben.

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