Pharmacopsychiatry 1968; 1(1): 27-45
DOI: 10.1055/s-0028-1094206
Originalarbeiten

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Extrapyramidal-motorische und elektroenzephalographische Reaktivität unter neuroleptischer Medikation

Ergebnisse einer vergleichenden Butaperazin-Studie bei einer amerikanischen und einer deutschen PatientengruppeD. Bente, H. C. B. Denber, M.-L. Härtung, K. M. Ranneberg
  • Nervenklinik der Universität Erlangen-Nürnberg (Direktor: Prof. Dr. H. H. Wieck) und Research Division des Manhattan State Hospital, New York (Direktor: O. K. Diamond, M. D.)
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Publication Date:
20 January 2009 (online)

Zusammenfassung

Zwei Gruppen paranoid-halluzinatorischer Schizophrener, die am Manhattan State Hospital New York und an der Universitäts-Nervenklinik Erlangen mit dem Neuroleptikum Butaperazin behandelt wurden und die sich in ihrer Symptomatik und ihrem Krankheitsverlauf nicht unterschieden, zeigten hinsichtlich ihrer extrapyramidal-motorischen Reaktivität signifikante Differenzen, welche die Manifestationsrate dyskinetischer und hypokinetisch-hypertoner Reaktionen sowie die bis zum Auftreten dieser Begleitwirkungen tolerierten Dosen betrafen. Bezüglich der therapeutischen Reaktivität ergaben sich dagegen keine Unterschiede zwischen beiden Gruppen.

Die quantitative Auswertung der in regelmäßigem Turnus aufgenommenen Elektroenzephalogramme mit der Frequenzintegrationsprofilanalyse, deren Methodik ausführlich dargestellt ist, ergab, daß auch im Verhalten der Alpha-Aktivität während der Medikation statistisch signifikante Gruppenunterschiede nachweisbar sind. Diese Differenzen im hirnelektrischen Verhalten lassen sich als Ausdruck einer unterschiedlichen Resistenz gegenüber dem vigilanzmindernden Effekt des Neuroleptikums interpretieren, wobei die Patientengruppe in New York mit ihrer höheren extrapyramidal-motorischen Toleranz auch die geringere Vigilanzbeeinträchtigung zeigt. Auch bezüglich der untersuchten EEG-Variablen ließ sich kein Anhalt dafür gewinnen, daß diese Unterschiede der hirnelektrischen Reaktivität auf einer heterogenen Zusammensetzung beider Gruppen beruhen.

Die Ergebnisse dieser Studie, die einen Beitrag zur differentiellen Pharmakopsychiatrie darstellen, zeigen, daß es krankheitsunspezifische, von der therapeutischen Wirksamkeit unabhängige Unterschiede der extrapyramidal-motorischen und hirnelektrischen Reaktivität auf Neuroleptika gibt, die sich nicht durch Geschlechts- oder Altersunterschiede erklären lassen, sondern mit bisher noch unbekannten Faktoren in Zusammenhang stehen. Abschließend werden kurz einige Hypothesen über die möglichen Ursachen solcher populationsabhängiger Unterschiede der medikamentösen Reaktivität erörtert.

Summary

Two groups of female patients with paranoid schizophrenia, treated with Butaperazine at Manhattan State Hospital, New York, and at the Universitäts-Nervenklinik Erlangen, showed significant differences in their extrapyramidal reactivity. These differences which cannot be explained in terms of symptomatology, duration, and time course of illness, refer to the frequency of dyskinetic and hypokinetic-hypertonic side effects as well as to the dosage level at which these appeared. On the other hand, no differences in therapeutic reactivity could be observed.

The quantitative analysis of EEG data – the method of which is described – did not reveal any differences in the Alpha activity of the two groups before medication, but highly significant differences during the medication period. They can be interpreted as an expression of a different resistance towards the sedative and inhibitory action of the neuroleptic drug: the EEG changes indicating a decrease in vigilance were more pronounced in the Erlangen group which also showed the higher rate of extrapyramidal motor side effects.

The results of this study, planned as a contribution to differential pharmacopsychiatry, demonstrate that non-specific differences do exist in extrapyramidal and EEG responses to neuroleptic drugs, which are independent from therapeutic reactivity and cannot be explained by differences in sex and age. There is some evidence, however, that these non-specific differences are related to population-dependent metabolic, psychophysiological or socio-biological factors, the nature of which is not yet known.

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