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DOI: 10.1055/s-0028-1091284
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York
Hintergrund - Der Dalai Lama und Tibet
Publication History
Publication Date:
10 October 2008 (online)
Ende August sind die Olympischen Spiele 2008 in Peking zu Ende gegangen. Bereits im Vorfeld geriet das seit Jahrzehnten schwelende Tibet-Problem in den Blick der internationalen Öffentlichkeit. In der autonomen Region Tibet und den angrenzenden Gebieten kam es zu Gewaltausbrüchen zwischen Tibetern und Chinesen. Der olympische Fackellauf war von Demonstrationen begleitet. Außerdem besuchte der Dalai Lama, geistlicher und weltlicher Führer der Tibeter im Exil im Mai wie schon im letzten Jahr die Bundesrepublik. Der Bericht über diesen Besuch beleuchtet die politischen, religiösen und kulturellen Hintergründe der Vorgänge auf dem Dach der Welt.
Bild: Dr. Jörg Siedenburg
Der Dalai Lama ist Projektionsfläche für vielerlei Erwartungen und die Sinnsuche einer zunehmend ernüchterten postindustriellen Gesellschaft. Auf der anderen Seite ist der buddhistische Lehrer aber nicht nur spirituelles, sondern auch politisches Oberhaupt seines Volkes. Er möchte allen Menschen jeweils das sein, was sie auf ihn projizieren und von ihm erwarten. Vor einigen Wochen waren er und sein Volk im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit: Im Vorfeld der Olympischen Sommerspiele in Peking 2008 war es in der autonomen Region Tibet und angrenzenden Gebieten zu zahlreichen Protesten und auch gewaltsamen Aufständen von Tibetern gekommen, die von chinesischen Sicherheitsbehörden niedergeschlagen wurden.
Unüberbrückbar scheinen die Gegensätze zwischen den Tibetern und ihren Unterstützern auf der einen und der chinesischen Regierung, ihren Vertretern und Befürwortern auf der anderen Seite. Während die öffentliche Sympathie der letzten Wochen aufseiten der ersteren ist, klafft im Bereich der Politik ein Riss: Es finden sich sowohl Unterstützer der tibetischen Position als auch Pragmatiker der Macht- und Wirtschaftspolitik, aber auch aus der Wirtschaft, die eher für die chinesische Seite argumentieren.