Aktuelle Neurologie 2008; 35 - P747
DOI: 10.1055/s-0028-1087001

Eine Familie mit LRRK2-Mutation – Genotyp nicht gleich Phänotyp

V Tadic 1, N Brüggemann 1, S Steinlechner 1, A Schmidt 1, L Kertelge 1, K Lohmann 1, H Pawlack 1, A Djarmati 1, C Klein 1, J Hagenah 1
  • 1Lübeck

Einleitung: Das LRRK2-assoziierte Parkinsonsyndrom (PS) wird autosomal-dominant mit altersabhängiger Penetranz vererbt und tritt mit einer Häufigkeit von über 5% der familiären Fälle und bei 1% der Patienten mit sporadischem PS auf. Während die hirnpathologischen Veränderungen sehr variabel sind, bestehen klinisch in der Regel große Ähnlichkeiten mit dem idiopathischen PS. Im Folgenden werden die klinischen, sonografischen und genetischen Befunde einer Familie mit der am häufigsten vorkommenden Mutation (p.G2019S) vorgestellt.

Methodik: Es wurden 5 Geschwister eines Index-Patienten mit PS und nachgewiesener G2019S-Mutation im LRRK2-Gen klinisch, genetisch und mit transkranieller Sonographie des Hirnparenchyms (TCS) untersucht. Ergänzend wurden ein Riechtest sowie eine neuropsychologische Testung durchgeführt. Alle Untersuchungen erfolgten ohne Kenntnis des genetischen Status. Die Ergebnisse der klinischen Untersuchung wurden videografisch überprüft und durch die UPDRS quantifiziert. Der klinische Status wurde in definitiv, wahrscheinlich, möglicherweise und nicht betroffen eingeteilt.

Ergebnisse: Vier der sechs Geschwister waren heterozygote Träger der G2019S-Mutation (2 w, 2m; mittleres Alter: 54,3 Jahre) und zwei waren mutationsnegativ (1 w, 1m; mittleres Alter: 52,5 Jahre). Bei zwei Familienmitgliedern wurde ein definitives, Dopa-responsives PS und bei zwei weiteren ein mögliches PS gefunden. Überraschenderweise war eine der definitiv erkrankten Schwestern mutationsnegativ, die neben einem PS – ebenso wie eine mutationspositive, möglicherweise betroffene Schwester – eine zervikale Dystonie aufwies. Ein ausreichendes transtemporales Schallfenster fand sich bei fünf der sechs Geschwister mit Nachweis einer vermehrten Echogenität bei vier von fünf Geschwistern, jedoch ohne Korrelation zum Mutationsstatus oder zu klinischen Symptomen. Der Riechtest war bei allen Probanden pathologisch.

Zusammenfassung: Trotz ungefähr gleichen Alters der vier Mutationsträger einer Familie mit G2019S-Mutation zeigten zwei der Mutationsträger im Alter von über 50 Jahren noch keine Symptome eines PS. Es ist von einem zusätzlichen Faktor für die Manifestation des PS (und der Dystonie) auszugehen. Hierfür spricht auch das Vorhandensein eines PS bei einer der beiden mutationsnegativen Familienangehörigen. TCS und Riechtest halfen nicht bei der Differenzierung des klinischen oder genetischen Status.