Aktuelle Neurologie 2008; 35 - P648
DOI: 10.1055/s-0028-1086902

Der Einfluss unterschiedlicher antiretroviraler Therapie-Regime auf den Langzeitverlauf neuro-cognitiver Veränderungen bei HIV-Infizierten

T Nolting 1, G Arendt 1
  • 1Düsseldorf

Einleitung: Die HIV-Infektion führt bei einem hohen Prozentsatz der Betroffenen zu neuro-cognitiven Defiziten unterschiedlicher Schwere. Die Neuropathogenese dieser Einbußen ist immer noch nicht vollständig aufgeklärt. Die moderne, hochaktive antiretrovirale Therapie (HAART) hat die klinische Präsentationsform dieser Komplikation der HIV-Infektion verändert; so glichen die betroffenen Patienten früher jugendlichen Parkinson-Kranken, imponieren hingegen heute durch Konzentrations- und Gedächtnis-Störungen sowie durch einen Verlust der intellektuellen Flexibilität, was häufig zu Problemen am Arbeitsplatz führt. In der vorliegenden Analyse wurde der Einfluss unterschiedlicher HAART-Regime auf diese Entwicklung untersucht.

Methodik: In einer longitudinalen Studie wurden 1422 HIV-positive Patienten von 1988–2005 verlaufskontrolliert. Feinmotoriktests wurden als Prädiktor neuro-cognitiver Einbußen und der HIV-assoziierten Demenz verwendet. Die ursprünglich angewendete antiretrovirale Monotherapie mit dem Nukleosid-Analogon AZT wurde mit HAART-Kombinationen aus Nukleosid-Analoga (NRTI) und Protease-Hemmern (PI) bzw. Nicht-Nukleosid-analogen Hemmern der Reversen Transkriptase (NNRTI) verglichen.

Ergebnisse: Es zeigte sich, dass sich Prädiktoren neuro-cognitiver Defizite über die Zeit unabhängig von antiretroviralen Therapie-Regimen verschlechtern. Diese Veränderung setzt auch bei gut behandelter systemischer HIV-Infektion, d.h., bei stabilen CD4+-Zellzahlen und effektiv supprimierter Plasma-Viruslast, ein.

Schlussfolgerung: Diese auch in anderen Kohorten beobachtete Entwicklung macht deutlich, dass die „neurologische HIV-Krankheit“ adiuvanter Therapie-Strategien bedarf. Außerdem muss über „neurologische Indikationen“ für einen HAART-Beginn nachgedacht werden, da möglicherweise der Zeitpunkt des Therapiebeginns eine Rolle für die Entwicklung neuro-cognitiver Defizite spielt.