Aktuelle Neurologie 2008; 35 - P644
DOI: 10.1055/s-0028-1086898

Zerebrale Sparganose als Ursache einer temporalen Raumforderung

R Giess 1, M Wagner 1, H Capelle 1, A Brandis 1, P Landwehr 1, F Heidenreich 1
  • 1Hannover

Hintergrund: Die Sparganose ist eine seltene parasitäre Infektion durch Larven des Cestoden Spirometra sp. Infektionen sind weltweit mit einer Häufung in Südostasien beschrieben. Es kommt beim Menschen zu einer Infektion durch verunreinigtes Wasser, Genuß von Fleisch eines Zwischenwirtes, insbesondere Schlangen- oder Froschfleisch. Nach Penetration des Gastrointestinaltraktes kommt es zu einer Migration der Larven in die Haut, den Skelettmuskel, die Orbita, in das Urogenitalsystem, visceral und sehr selten in das ZNS. Klinische Zeichen einer cerebralen Sparganose können epileptische Anfälle, Kopfschmerzen und fokal neurologische Defizite sein.

Fallbericht: Ein 25-jähriger aus Malawi stammender Hilfskoch stellte sich aufgrund einer dreimaligen circa 2minütigen Bewusstseinseintrübung ohne motorische Entäußerungen, gefolgt von starken rechtsseitigen Kopfschmerzen und einer Amnesie, vor. Wir gingen ursächlich von einem Temporallappenanfall aus. Der körperliche Untersuchungsbefund war unauffällig. Vorerkrankungen bestanden nicht, es wurde ein mehrwöchiger Aufenthalt in Malawi 10 Monate zuvor angegeben.

In der cMRT stellte sich in den T2 gewichteten und FLAIR-Sequenzen eine hypointense, in der T1-Wichtung isointense sowie nach Kontastmittelgabe kräftig anreichernde ringförmige Struktur mit einem maximalen Durchmesser von 5mm rechts temporobasal mit Begleitödem dar. Im EEG fanden sich bitemporal unterlagerte Tetawellen ohne epilepsietypische Potentiale. Im Liquor zeigte sich ein regelrechtes lymphomonocytäres Zellbild mit normalem Proteinbefund ohne Hinweise auf eine Entzündung. Serologische Untersuchungen hinsichtlich einer Toxoplasmose, einer Echinokokkose oder Cysticerkose waren negativ. Unter der Vorstellung einer parasitären Genese erfolgte eine mikrochirurgische Tumorexstirpation. Die histologische Aufarbeitung zeigte eine Abszessbildung mit Zwischenwirtstadien einer Sparganose. Der Patient blieb ohne Medikation beschwerdefrei.

Diskussion: Die cerebrale Sparganose ist eine in Europa äußerst seltene Parasitose und sollte bei zunehmendem Ferntourismus in der Differentialdiagnose granulomatöser Prozesse, insbesondere cerebraler Parasitosen wie Cysticerkose, Echinokokkose oder Toxoplasmose berücksichtigt werden. Eine serologische Diagnose ist durch einen ELISA-Test mittlerweile möglich. Die Gewebeexstirpation ist jedoch diagnosebeweisend und Therapie der Wahl, da Anthelminthika wie Praziquantel oder Albendazol bei der cerebralen Sparganose wirkungslos sind.