Aktuelle Neurologie 2008; 35 - P636
DOI: 10.1055/s-0028-1086890

Dysprosodie bei Patienten mit spinozerebellärer Ataxie (SCA) und idiopathischem Parkinson-Syndrom (IPS)

O Eckert 1, T Schmitz-Hübsch 1, T Klockgether 1, U Schlegel 1, S Skodda 1
  • 1Bonn, Bochum

Einleitung: Die parkinson-typische Dysarthrophonie ist unter anderem durch eine Störung der Prosodie mit Veränderungen von Sprechtempo und -rhythmus sowie der Intonationsvariation gekennzeichnet, deren Pathomechanismen bislang erst unzureichend geklärt sind. Auch bei Patienten mit zerebellären Erkrankungen gehört eine Sprechstörung zum charakteristischen klinischen Bild, wobei es hinsichtlich Ausmaß und Art der Veränderungen manche Gemeinsamkeiten, aber auch erhebliche Unterschiede zu Patienten mit IPS gibt.

Ziel: Untersuchung verschiedener objektivierbarer Parameter der gestörten Prosodie bei Patienten mit SCA und IPS mittels akustischer Analyse und Vergleich mit gesunden Kontrollpersonen.

Methode: N=32 Patienten mit SCA (20Männer, 12 Frauen), n=42 Patienten mit IPS (20Männer, 22 Frauen) und 40 altersgematchte gesunde Kontrollpersonen (20Männer, 20 Frauen) wurden anhand eines standardisierten Sprechprogramms, bestehend aus freiem Monolog und Leseaufgabe, mittels akustischer Analyse untersucht. Als Maß für die Tonhöhenvariation wurde die Grundfrequenzvariation (F0SD und F0range) ermittelt; Sprechtempo (Gesamtsprechzeit/TSR und Nettosprechzeit/NSR) und Pausenanteile (PR%) wurden anhand der Messung von Silben- und Pausenlängen definiert.

Ergebnisse: TSR und NSR waren bei Patienten mit SCA geringer als bei den Patienten mit IPS, die wiederum diskret höhere Werte aufwiesen als die Kontrollpersonen. PR% war entsprechend bei den SCA-Patienten höher als in den beiden anderen Untersuchungsgruppen.

Hinsichtlich der Intonationsvariation fand sich bei den SCA-Patienten eine signifikant höhere F0SD und F0range als bei Patienten mit IPS; nur die F0range war auch signifikant höher als bei Kontrollpersonen.

Bei einer Analyse der genetisch determinierten SCA-Subgruppen (SCA-1, -2, -3 und -6) zeigten sich TSR und NSR bei den SCA-1-Patienten am niedrigsten und bei den Patienten mit SCA-3 am höchsten; Patienten mit SCA-3 und -6 wiesen eine niedrigere F0SD und F0range auf als Patienten mit SCA-1 und -2.

Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse lassen die Vermutung zu, dass eine zerebelläre Störung (SCA) zu einer Reduktion des Sprechtempos bei weitgehend unbeeinträchtigter Intonationsvariation führt, die wiederum bei nigrostriatalen Störungen (IPS) reduziert ist. Veränderungen der prosodischen Parameter zeigen eine unterschiedliche Ausprägung bei verschiedenen genetisch determinierten SCA-Formen, wobei eine Bestätigung dieser Befunde an größeren Fallzahlen zu fordern ist.