Kurzzeiteffekte elektrotaktilen Biofeedbacks der Zunge auf Balance und Gleichgewicht bei Patienten mit bilateraler Vestibulopathie

Die bilaterale Vestibulopathie (BV) ist eine beidseitige Funktionseinschränkung des Labyrinths bzw. des HN VIII Die Verdachtsdiagnose einer BV kann durch den Kopfdrehtest nach Halmagyi und Curthoys und ein Elektronystagmogramm bestätigt und quantifiziert werden. In einer retrospektiven Studie von Zingler et al. zeigte sich, dass die intravenöse Applikation von Aminoglykosiden, die beidseitige Menière'sche Erkrankung sowie Meningoencephalitiden die drei häufigsten Ursachen einer BV sind. Die Therapie der BV besteht in regelmäßigem Durchführen von Gleichgewichtsübungen zur Förderung der zentralen Kompensation des beidseitigen peripher-vestibulären Defizits.

Daneben existieren erste erfolgreiche Fallberichte über die Langzeitanwendung des elektrotaktilen Biofeedbacks der Zunge bei chronischer Gang- und Standunsicherheit.

Die vorliegende Studie soll nun den Kurzzeiteffekt elektrotaktilen Biofeedbacks bei Patienten mit BV auf Gang- und Standunsicherheit sowie auf Körperschwankungen untersuchen.

Methodik: Neun Patienten mit der sicheren Diagnose einer BV wurden jeweils zweimal einem standardisierten Trainingsprogramm unterzogen. Dabei wurden die entsprechenden Trainingsübungen zuerst ohne und anschließend mit einem BrainPort® Gerät durchgeführt. Das BrainPort® Balancegerät erzeugt elektrotaktile Reize der Zunge entsprechend der Stellung des Kopfes im Raum (Details unter www.wicab.de). Mittels Posturographie wurden Körperschwankungen unter acht verschiedenen Bedingungen gemessen und die Ergebnisse mit den Voruntersuchungen des gleichen Patienten verglichen.

Ergebnisse: Spezifisches Gleichgewichtstraining führt sowohl ohne (6%) als auch mit elektrotaktiler Reizung (35%) zu einer Zunahme der Körperschwankungen bei Patienten mit BV. Körperschwankungen ohne unmittelbar vorausgegangenes Training sind mit elektrotaktiler Stimulation um 37% vermindert.

Diskussion: In dieser Studie wurde der kurzfristige Effekt der elektrotaktilen Reizung bei Patienten mit BV vor und nach einer vestibulären Trainingseinheit untersucht. Dabei zeigt sich ohne unmittelbar vorangegangenes Training eine Verbesserung der Standfähigkeit sowie Verminderung der Körperschwankungen unter elektrotaktiler Stimulation Die simultane elektrotaktile Reizung während des Gleichgewichtstrainings führt nicht zu einer signifikanten Steigerung des Trainingseffekts.

Zusammenfassung: Die elektrotaktile Reizung der Zunge während Gleichgewichtsübungen verbessert kurzfristig nicht (im Gegensatz zum langfristigen Gebrauch) den Trainingseffekt bei Patienten mit BV.