Aktuelle Neurologie 2008; 35 - P584
DOI: 10.1055/s-0028-1086838

Einfluss einer Therapie der Multiplen Sklerose mit Natalizumab auf die Expression von zellgebundenen Adhäsionsmolekülen

J Kraus 1, P Wipfler 1, G Pilz 1, S Afazel 1, E Haschke-Becher 1, M Huemer 1, M Jakab 1, M Ritter 1, G Ladurner 1
  • 1Salzburg, Schwarzach im Pongau, A

Einleitung: Mit Natalizumab (Tysabri®) steht in der modernen Therapie der Multiplen Sklerose (MS) ein neues hochpotentes Medikament zur Verfügung. Natalizumab beeinflusst die Einwanderung von Leukozyten aus dem peripheren Blut über die Blut-Hirn-Schranke in das Zentrale Nervensystem und greift somit in einen zentralen Schritt der MS-Pathogenese ein. Auch wenn der Wirkmechanismus des gegen das Adhäsionsmolekül (AM) alpha4-Integrin (a4) gerichteten monoklonalen Antikörpers Natalizumab bekannt ist, ist sein Einfluss auf weitere Komponenten des Immunsystems nur teilweise geklärt. Dies wäre jedoch auch im Hinblick auf die Verhinderung bzw. vorzeitige Erkennung von potentiell unerwünschten Wirkungen wichtig.

Methoden: Mittels Zwei-Farben-Durchflusszytometrie (Beckman Coulter) wurde die quantitative Expression der zellgebundenen AM intercellular adhesion molecule-1, -2, -3 (ICAM-1, -2, -3), leukocyte function antigen-1 (LFA-1) und a4 auf CD3+ T-Zellen, CD19+ B-Zellen und CD14+ Monozyten/Makrophagen im Blut von MS-Patienten direkt vor der erstmaligen Gabe von Natalizumab sowie drei Monate später (direkt vor der 4. Gabe) ermittelt. In die Studie wurden bislang 14 Patienten eingeschlossen, für die aktuelle Zwischenanalyse lagen die Daten von 6 Patienten vor, die zu beiden Zeitpunkten untersucht werden konnten.

Ergebnisse: Es fielen 2 Effekte auf, die nicht nur bei allen ausgewerteten Patienten, sondern auch bei allen untersuchten Zellpopulationen in sehr ähnlichem Ausmaß auftraten: Einerseits kam es zum entsprechend des Wirkmechanismus erwarteten, deutlichen Abfall der freien, also nicht durch Natalizumab blockierten a4-Expression differenziert nach den einzelnen Zellpopulationen (B-Zellen -55%, p<0,00005; T-Zellen 48%, p<0,001; Monozyten -28%, p<0,005). Andererseits konnte ein konsistenter Anstieg der zellgebunden Expression von ICAM-1 (T-Zellen +17%, p<0,005; B-Zellen +14%, p<0,05; Monozyten +7%, p<0,05) gefunden werden.

Diskussion: Die ausgeprägte Konsistenz der Ergebnisse weist darauf hin, dass basale Effekte der Wirksamkeit von Natalizumab auf molekularer Ebene nachzuweisen sind. Zudem passen sowohl der indirekte Hinweis auf eine anhaltende ausgeprägte Blockade der zellgebunden a4-Expression als auch der auf Grund eigener Vorarbeiten als positiver Therapieeffekt zu bewertende Anstieg der ICAM-1-Expression sehr gut in das Konzept eines auch auf Zellebene nachweisbaren günstigen Einflusses von Natalizumab auf den Krankheitsverlauf der MS.