Aktuelle Neurologie 2008; 35 - P578
DOI: 10.1055/s-0028-1086832

Multiple Sklerose im Alter

S Schipper 1, M Wirtz 1, J Kugler 1
  • 1Düsseldorf, Dresden

Hintergrund: Der Anteil alter Menschen mit Multipler Sklerose (MS) nimmt zu, 17% (N=1182) der Mitglieder der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft, Landesverband Nordrhein-Westfalen (DMSG-LV NRW), sind 65 Jahre und älter. Diese Gruppe von Erkrankten, die sich mit den Folgen der MS und des Alterns auseinandersetzen muss, ist bisher wenig untersucht worden. Unser Ziel ist die Beschreibung der physischen, psychosozialen Situation und Lebensqualität (HRQoL) älterer MS-Erkrankter.

Methode: 7050 Mitglieder des DMSG-LV NRW erhielten Fragen zu Soziodemographie, Krankengeschichte, den Short Form-36 Health Survey (SF-36), den European Quality of Life-5 Dimensions (EQ-5D) und den Freiburger Fragebogen zur Krankheitsverarbeitung (FKV). 3157 Personen beteiligten sich.

Ergebnisse: 295 Teilnehmer waren 65 Jahre und älter (M=70,3 Jahre, SD=4,9). Im Vergleich zu den unter 65-jährigen zeigt sich in der älteren Gruppe eine Zunahme des Männeranteils (38% zu 27%), mehr Personen sind verwitwet (19% zu 2%), das Leben im privaten Haushalt wird seltener (89% zu 97%). 89% der Befragten berichten einen progredienten Krankheitsverlauf. Obgleich die Älteren häufiger Einschränkungen in der Mobilität, den Alltagsaktivitäten, der Selbstversorgung und durch Schmerzen berichten, ergibt sich kein Unterschied hinsichtlich Angst/Niedergeschlagenheit im EQ-5D und dem Auftreten einer komorbiden Depression im Vergleich zu den Jüngeren. Auch der psychische Summenscore des SF-36 unterscheidet sich zwischen den Altersgruppen nicht, obgleich der physische Score signifikant differiert. Im Vergleich zur altersgleichen Normbevölkerung zeigt sich die HRQoL eingeschränkt, die Abweichungen sind im körperbezogenen höher als im psychischen Bereich. Dies leitet über zur Frage nach den Copingmechanismen alter MS-Erkrankter. Ablenkung/Selbstaufbau sowie Religiosität/Sinnsuche sind die ausgeprägtesten Stile, letztgenannte Strategie und Bagatellisieren zeigen sich bei den alten stärker ausgeprägt als bei den jungen Erkrankten.

Schlussfolgerung: Die Zunahme der körperlichen Störungen erfordert eine optimale symptomatische Therapie und kompetente pflegerische Maßnahmen. Ausbildungen für Pflegekräfte sowie Wohn-/Pflegeangebote über die DMSG gewinnen hier an Bedeutung. Den sich ergebenden Fragen hinsichtlich einer gelungenen Anpassung an chronische Krankheit und Altern gilt es zukünftig weiter nachzugehen.