Aktuelle Neurologie 2008; 35 - P576
DOI: 10.1055/s-0028-1086830

Bedürfnisse von Personen, die sich schwer von Multipler Sklerose betroffen fühlen: Ergebnisse einer Umfrage

H Golla 1, M Galushko 1, A Hartwig 1, R Voltz 1
  • 1Köln

Fragestellung: Um die Versorgung von MS-Patienten zu verbessern, muss zunächst deren subjektive Sicht auf ihre Bedürfnisse erfasst werden. Parallel zu einem qualitativen Ansatz sollte diese Frage quantitativ mithilfe eines Fragebogens beantwortet werden.

Methode: Ein 4seitiger Fragebogen wurde in drei Schritten entwickelt: Nach einem ersten Entwurf durch eine interne Arbeitsgruppe (1) wurde dieser einem Panel von weiteren MS-Experten (2) übergeben. Danach wurde der Fragebogen in drei kognitiven Interviews mit subjektiv schwer betroffenen MS-Patienten hinsichtlich Relevanz und Verständlichkeit überprüft (3). Der Fragebogen bestand aus geschlossenen Fragen zu soziodemographischen und krankheitsspezifischen Merkmalen und vier offenen Fragen zu a) der subjektiven Betroffenheit, b) belastenden Problemen, c) erfahrenen Hilfen und d) Wünschen nach mehr Hilfen. Der Versand erfolgte bundesweit im April 2007 mit der Zeitschrift aktiv! der DMSG. Aus den 1100 Fragebögen, die im Zeitraum vom 02.04.07 bis 10.07.07 eingegangen sind, wurde eine 40%ige Zufallsstichprobe (n=445) zur Analyse gezogen.

Ergebnisse: Gründe sich von MS schwer betroffen zu fühlen waren Mobilitätsprobleme (65%), Konfrontation mit Verlusten und Veränderungen durch die Erkrankung (50%) sowie Gefühle körperlicher Schwäche (32%).

Die wichtigsten Probleme im körperlichen Bereich waren Mobilitätsprobleme (52%), körperliche Schwäche (36%), Blasenfunktionsstörungen (27%), Schmerzen (14%). Zusätzlich wurden die zunehmende Abhängigkeit und der Verlust von lieb gewonnenen Gewohnheiten und Isolation genannt (26%).

Die größte Erleichterung in ihrer Gesamtsituation erlebten die Befragten durch emotionale Unterstützung (69%), Ruhe und Ablenkung (51%) sowie Kotherapien (38%). Mit nur 23% wurde die medizinische Versorgung genannt.

Als ungestillte Bedürfnisse wurden eine bessere Finanzierung von Versorgungsleistungen (43%), eine bessere soziale Integration (32%), verbesserte medizinische Behandlungen (30%) sowie mehr Hilfen im Alltag (28%) benannt.

Schlussfolgerung: Die Ergebnisse zeigen, dass sich eine Versorgung schwer von MS Betroffenen nicht auf die körperlichen Aspekte allein konzentrieren darf. Vielmehr müssen auch die Auswirkungen in den anderen Lebensbereichen, wie Alltagsgestaltung, Familie, persönliche Identität, mit berücksichtigt werden. Wenn sich die Versorgung an den tatsächlichen Bedürfnissen von schwer Betroffenen orientieren will, ist ein ganzheitlicher Ansatz unabdingbar.

Kooperationspartner DMSG BV