Aktuelle Neurologie 2008; 35 - P562
DOI: 10.1055/s-0028-1086816

Oberflächliche Siderose des ZNS

H Bauer 1, S Nolden-Hoverath 1, O Rieker 1
  • 1Euskirchen

Die stationäre Einweisung erfolgte zur Abklärung einer neurogenen Blasenstörung. Die 48-jährige Patientin beklagte seit sechs Monaten Blasenentleerungsstörungen und rezidivierende Harnwegsinfekte. Seit 1997 litt sie unter beidseitigen Ohrgeräuschen und zunehmender Innenohrschwerhörigkeit. Seit 2003 gab sie eine progrediente Gangunsicherheit mit Schwankschwindel an.

Liquordiagnostik:

Xanthochromer Liquor. 48 Zellen/mikrol. Nachweis von Siderophagen.

MRT des Gehirnes und des Myelons

Hämosiderinsaum um Hirnstamm, Zerebellum und Myelon.

Zerebrale und spinale Panangiographie

Keine pathologischen Befunde

Schlussfolgerung: Die stationäre Aufnahme erfolgte zur Abklärung einer neurogenen Blasenstörung. Anamnestisch bestand darüber hinaus eine fortschreitende Schwerhörigkeit und eine zerebelläre Ataxie. Diese letztgenannten Symptome sind typisch für die oberflächliche Siderose des ZNS, die in dem von uns dargelegten Fall kernspintomographisch gesichert werden konnte. In späteren Stadien können myelopathische Symptome und dementielle Symptome auftreten. Darüberhinaus werden Anosmie, Anisokorie, sensible Symptome, bilaterale Lumboischialgien und periphere Paresen beschrieben.

In einer Serie von 8843 MRT-Untersuchungen wurden 13 Fälle mit den typischen kernspintomographischen Veränderungen der oberflächlichen Siderose des ZNS beschrieben. Davon wiesen nur 2 Patienten die typischen Symptome auf. Eine definitive Ursache konnte bei 9/13 Patienten (69%) gefunden werden. Die Erkrankung beruht auf einer subpialen Hämosiderinablagerung in Gehirn und Myelon mit konsekutiver Schädigung von Neuronen. Ursache für die Hämosiderinablagerungen sind rezidivierende subklinische subarachnoidale Blutungen. In Einzelfallberichten werden als Ursache der Blutungen ZNS-Tumore, Kavernome, zerebrale arteriovenöse Malformationen, neurochirurgische Eingriffe, Verletzungen zervikaler Wurzeln oder des Plexus brachialis genannt. Der Verlauf der Erkrankung ist chronisch fortschreitend, wenn die Blutungsquelle nicht identifiziert und beseitigt wird. Eine ausreichende konservative Therapie der Erkrankung ist nicht bekannt. Diskutiert wird der Einsatz von Chelat-Bildnern.

Zusammenfassend sollte bei progredienter Hörstörung und zerebellärer Ataxie mit oder ohne myelopathische oder dementielle Symptome an die seltene Erkrankung gedacht werden und eine sorgfältige MRT-Diagnostik inklusive Hämosiderin-empfindlicher Sequenzen und konventioneller zerebraler und spinaler Angiographie erfolgen, um die behandelbaren Fälle zu identifizieren.