Aktuelle Neurologie 2008; 35 - P506
DOI: 10.1055/s-0028-1086760

Schwangerschaftsassoziierte Anfälle

D Boeckler 1, P Baum 1, A Wagner 1
  • 1Leipzig

Wir berichten von einer 31-jährigen schwangeren Pat. mit mehreren Episoden von anfallsartig aufgetretener Bewusstlosigkeit.

Anamnese: Die Pat. berichtet, dass sie in der 27. Schwangerschaftswoche insgesamt 4mal im Sitzen ohnmächtig geworden sei. Im Vorfeld habe sie für wenige Sekunden ein „komisches“ Gefühl gehabt. Die Dauer der Episoden war jeweils nur kurz, wobei der Partner eine Dauer von ca. 1 Minute angab. Die Pat. sei jeweils nicht ansprechbar gewesen, sei von Stuhl gerutscht und hätte die „Augen verdreht“ und kurz „gezuckt“, danach sei sie rasch reorientiert gewesen.

Befunde: Der klinisch neurologische und internistische Status waren unauffällig. Gynäkologisch zeigte sich eine intakte Schwangerschaft in der 27. Woche. Laborchemisch fiel lediglich eine leichtgradige Anämie auf. Das Ruhe-EKG war unauffällig. Eine transthorakale Echokardiographie und eine Dopplersonographie der Vena cava inferior waren ohne richtungweisende Befunde. Im EEG zeigte sich zunächst ein gut ausgeprägter frequenz- und spannungsstabiler Alpha-Grundrhythmus, nach ca. 7 Minuten Ableitzeit gab die Patientin ein Schwindelgefühl an, war kurz darauf nicht mehr ansprechbar, beide Bulbi waren nach oben verdreht und es traten einzelne Myoklonien beider Arme auf. Nach Lagerung in Linksseitenlage klarte die Pat. rasch auf und war daraufhin vollständig beschwerdefrei. Beginnend mit der subjektiven Angabe von Schwindel zeigte sich eine rasch zunehmende generalisierte Verlangsamung mit Übergang in amplitudenhohe langsame Delta-Aktivität, epilepsietypische Potentiale oder Anfallsaktivität traten zu keinem Zeitpunkt auf. Nach Lagerung auf die linke Seite trat rasch der vorbestehende Grundrhythmus auf. Das parallel abgeleitete EKG zeigte einen durchgehend normfrequenten Sinusrhythmus ohne Pausen oder kompensatorischen Anstieg der Herzfrequenz.

Zusammenfassung: Im vorliegenden Fall konnte bei lageabhängigen, anfallsartigen Bewusstseinsstörung einer schwangeren Patientin in einer zeitgleicher EEG-Ableitung eine passagere Funktionsstörung des Gehirnes wie sie für eine Synkope typisch ist nachgewiesen und somit ein epileptisches Geschehen sicher ausgeschlossen werden. Insgesamt kann somit trotz atypischem klinischen Erscheinungsbild die Diagnose eines Vena-cava-Kompressionssyndrom mit resultierender konvulsiver Synkope vermutet werden. Während das zeitlich hoch auflösende EEG zur Diagnosesicherung beitrug, hätte die alleinige EKG-Ableitung nicht zur Differentialdiagnose beigetragen.