Aktuelle Neurologie 2008; 35 - P496
DOI: 10.1055/s-0028-1086750

Kognitives Screening mit dem FST (Faces-Symbol-Test) bei verschiedenen zerebralen Erkrankungen

P Scherer 1, I Ringel 1
  • 1Berlin

Hintergrund: Der FST ist ein 67-Item-Gesichter-Symbol-Zuordentest zum kognitiven Screening bei Multipler Sklerose (MS) [Scherer et al. 2007] mit ausreichender Retestreliabilität [Breitkopf et al. 2005], der frontoparieto-okzipitale Netzwerke [Grabner et al. 2008], Daueraufmerksamkeit als auch exekutive Kontrollfunktionen beansprucht [Grabner et al. 2008; Scherer et al. 2007]. Im Verlauf der 67 Items werden MS-Patienten tendenziell langsamer; die Verlangsamung steht in einem möglichen Zusammenhang mit Arbeitsgedächtnisstörungen [Scherer et al. 2004]. Altersadjustierte Normgrenzen sind verfügbar [Scherer 2007].

Fragestellung: Kann der FST auch zum kognitiven Screening bei anderen ZNS-Erkrankungen neben der MS verwendet werden und ist die Information der Verlangsamung während des Testverlaufs nützlich?

Methode: Retrospektive wurden Daten von 208 Patienten, die sich mit der Frage nach kognitiven Störungen ambulant vorstellten, analysiert. Berechnet wurden Anteile pathologischer Testergebnisse und Vergleich mit anderen angewandten Testverfahren (z.B. Mini-Mental-Status-Test, DemTect) unter Berücksichtigung der Konfidenzintervalle von Häufigkeiten [Scherer 2006]. Patienten mit auffälliger Verlangsamung im Testverlauf, d.h. mehr als 0,35 Sekunden pro ln(ci) [ci=korrekte Zuordnung] gemäß dem Prozentrang PR90 aus der Normierungsgruppe [Scherer 2007].

Ergebnis: Es wurde bei n=146 der FST durchgeführt; bei n=90 wurde zusätzlich die Verlangsamung im Verlauf der FST-Untersuchung bestimmt (Tabelle 1). Der FST detektierte kognitive Störungen in den unterschiedlichen Diagnosegruppen innerhalb der 95%-Konfidenzgrenzen des DemTect und zum Teil außerhalb des MMST-Konfidenzintervalls. Subkortikale und frontotemporale Störungen scheinen insbesondere unter Verwertung der Verlangsamung vom FST besser abgebildet zu werden als von MMST und DemTect (beobachtete Anteile pathologischer Fälle jeweils außerhalb der Konfidenzintervalle).

Schlussfolgerung: Der FST erscheint geeignet, kognitive Störungen bei verschiedenen Erkrankungen des Gehirns im Rahmen eines Screenings zu erfassen; die Information der Verlangsamung kann genutzt werden und gibt Hinweise z.B. für Störungen der exekutiven Kontrolle. Die retrospektiven Daten bedürfen einer Bestätigung durch eine prospektiv angelegte Untersuchung.

*, # beobachtete %-Anteile außerhalb des 95%-Konfidenzintervalls von % pathologischen Fällen aufgrund von MMST oder DemTect.

Cut-off-Werte von MMST und DemTect liberal gewählt (Grenze von „normal“ zu „leichte kognitive Störungen“)!

Cut-off-Wert von FST entspricht dem Prozentrang PR=5.

Cut-off-Wert der Steigung (Verlangsamung) von FST entspricht dem Prozentrang PR=10.

MS Multiple Sklerose; MCI Mild Cognitive Impairment; SAE subkortikale arteriosklerotische Enzephalopathie.

Anzahl verwertbar n

FST a)

FST b)

FST a)

MMST

DemTect

Alle

FST a)

FST b)

MMST

DemTect

FST

FST-Verlang-
samung

ODER

% pathol.

% pathol.

FST

FST-Verlang-
samung

FST b)

[95% Cl]

[95% Cl]

Alle

% pathol.

% pathol.

% pathol.

*

#

Diagnosegruppe

Patienten

verwertbar

verwertbar

verwertbar

verwertbar

(z < -1.64)

(Steigung >0,35)

(ODER)

(<27 Pkte.)

(<13 Pkte.)

Frontale Läsionen

11

11

7

6

3

46

71*

86*#

17 [3;56]

33 [6; 79]

Temporale Läsionen

2

2

1

1

1

50

100*#

100*#

0 [0;79]

0 [0; 79]

Andere Hirnlokalisation

2

1

1

0

0

0

Demenzen

81

32

14

33

21

94*

86

93*

79 [62;89]

100 [85;100]

MS/CIS

27

27

19

22

16

21

MCI

14

12

8

9

7

50

63*

63*

22 [6;55]

71 [36; 92]

SAE

15

15

15

7

1

53*

60*

80*

0 [0;35]

100 [21;100]

Andere ZNS-Erkrankung

25

19

11

8

6

26

46

46

13 [2; 47]

50 [19; 81]

Psychische Störung

18

16

12

9

6

19

33*

42*#

0 [0;30]

0 [0; 39]

Minderbegabung

13

11

2

9

7

100*

50

100*

78 [45;94]

100 [65;100]

Alle Diagnosegruppen Demenz, SAE oder MCI

208

146

90

82

52

51

30

39

44 [34;55]

72 [58; 82]

(Vereinigungsmenge)

110

59

37

49

29

75*

70

81*

57 [43; 70]

93 [78; 98]