Aktuelle Neurologie 2008; 35 - P495
DOI: 10.1055/s-0028-1086749

Beschwerdenvalidierung in neuropsychologischen Begutachtungen bei fraglichen hirnorganischen Schädigungen: Kreuzvalidierung des Word Memory Test mit ereigniskorrelierten Potentialen (P 300)

H Lohmann 1, S Evers 1, S Bruchmann 1, I.W Husstedt 1
  • 1Münster

Die Überprüfung der Validität von kognitiven Beeinträchtigungen anhand neuropsychologischer Beschwerdenvalidierungstests hat einen hohen Stellenwert, wenn bei zu Begutachtenden Konzentrationsstörungen differenzialdiagnostisch abgeklärt werden müssen. Der Word Memory Test (WMT) ist ein etabliertes Verfahren zur Validierung von Gedächtnisbeeinträchtigungen (1). Der Test nutzt das Prinzip der verdeckten Leichtigkeit, um suboptimales Leistungsverhalten als Hinweis für nicht-authentische Gedächtnisstörungen aufzudecken. Bislang liegen keine Daten vor, die das Leistungsverhalten bei Gedächtnisanforderung in Beziehung setzen zu einem objektiven neurophysiologischen Parameter der Kognition.

Wir untersuchten die Häufigkeit von suboptimalem Leistungsverhalten mithilfe des WMT bei 24 Probanden (Altersmittelwert 43 Jahre; Altersspanne: 21–63 Jahre), die u.a. zur Abklärung der Ätiopathogenese von Konzentrationsstörungen begutachtet wurden. Die Ausgangsdiagnosen waren HWS-Distorsionen, leichte Schädel-Hirntraumata, somatoforme Schmerzstörungen und Depressionen. Als objektiver neurophysiologischer Parameter wurde die zerebrale Verarbeitungszeit durch visuell evozierte ereigniskorrelierte Potenziale (P 300) bestimmt. Bei 16 Probanden wurde eine altersentsprechende Latenz gefunden. Aus dieser Gruppe lag die Leistung von fünf Probanden (31%) unterhalb des Cut-off in mindestens einem der Parameter zur Erfassung der Leistungsbereitschaft des WMT (Parameter „Immediate Recognition“, „Delayed Recognition“ und „Consistency“). Bei acht Probanden wurden pathologische P 300 gefunden. In dieser Gruppe war bei vier zu Begutachtenden mindestens einer der o.g. Parameter des WMT pathologisch.

Bei Gutachten zur Differenzialdiagnostik von Konzentrationsstörungen ist neuropsychologisch in einer beträchtlichen Anzahl von Fällen eine reduzierte Anstrengungsbereitsschaft objektivierbar. Die Häufigkeit des suboptimalen Leistungsverhalten bei zu Begutachtenden ohne Hinweis auf eine hirnorganische Schädigung steht im Einklang mit der Literatur (2). Unsere Ergebnisse zeigen, das in Gutachtensituationen in großem Unfang mit suboptimalen Leistungsverhalten zu rechnen ist, was durch genaue Aktenanalyse, Anamneseerhebung, neuropsychologische und -physiologische Verfahren auch im Einzelfall konkret nachzuweisen ist.

Literatur: [1] Green P (2005) Green's Word Memory Test. Green's Publishing. Edmonton, USA. [2] Merten T, Friedel E & Stevens A (2006): Versicherungsmedizin 58