Aktuelle Neurologie 2008; 35 - P494
DOI: 10.1055/s-0028-1086748

Störung der relativen Körperachsenorientierung – ein neues klinisches Demenzzeichen

P Kraft 1, O Gadeholt 1, M Wieser 1, J Claßen 1
  • 1Würzburg

Fragestellung: Wir beobachteten bei kognitiv eingeschränkten Patienten unabhängig von der neurologischen Grunderkrankung häufig eine Störung der relativen Raumorientierung beim Einnehmen einer liegenden Position. Ziel der Studie war es, diese Körperachsenorientierungstörung systematisch zu untersuchen und die Eignung als ein klinisches Zeichen für kognitive Störungen zu prüfen.

Methoden: Patienten wurden mithilfe des DemTect und Mini Mental Status Test (MMST) auf ihre kognitive Leistung untersucht. Anschließend wurde die Winkelabweichung der Körperachse der Patienten zur Bettrandparallelen nach Einnahme einer liegenden Position ausgehend von der Position „Sitzen am Bettrand“ anhand fotographischer Aufnahmen geblindet für das Ergebnis der kognitiven Testung gemessen. Ausschlusskriterien waren Alter <60 Jahre, Einweisung mit Verdacht auf Schlaganfall, Parese, die ein selbständiges Hinlegen und Ausrichten der Körperachse unmöglich machte und Nachweis einer fokalen Läsion oder Raumforderung in der zerebralen Bildgebung (CT oder MRT). 102 konsekutive Patienten wurden eingeschlossen.

Ergebnisse: Das Durchschnittsalter betrug 71,5 Jahre, die ermittelten Winkelwerte lagen bei 0° bis 25°. Eine Demenz bzw. ein leichtes kognitives Defizit (MCI) ergab sich nach MMST-Kriterien bei 7 bzw. 28, nach DemTect-Kriterien bei 11 bzw. 21 Patienten. Sowohl die Punktzahl im MMST als auch im DemTect korrelierte signifikant invers mit dem ermittelten Winkelwert (MMST: r=-0,29, p=0,004; DemTect: r=-0,41, p<0,001). Die Fläche unter der Kurve für MCI gegenüber kognitiv Gesunden (receiver operating characteristic) betrug 0.722 (p<0,0001). Bei einem Winkel von 10° beträgt die Sensitivität der Detektion einer MCI 34% bei einer Spezifität von 94% (DemTect-Kriterien).

Schlussfolgerung: Die spontane Orientierungsstörung der Körperachse beim Hinlegen ist ein einfaches klinisches Zeichen, das den Kliniker mit hoher Wahrscheinlichkeit auf das Vorhandensein kognitiver Defizite hinweist.