Aktuelle Neurologie 2008; 35 - P455
DOI: 10.1055/s-0028-1086709

Polymyositis-Varianten nach hämatopoietischer Stammzell-Transplantation

S Koeppen 1, U Johansson 1, M Koldehoff 1
  • 1Essen

Fragestellung: Neuromuskuläre Komplikationen auf immunologischer Basis entwickeln sich nach allogener häufiger als nach autologer hämatopoietischer Stammzell-Transplantation (HSCT) meist im Zusammenhang mit einer chronischen Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion (cGvHD), die mit einer Inzidenz von ca. 50% bei Erwachsenen auftritt. Bei ca. 5% der Transplantat-Empfänger manifestiert sich eine Polymyositis (PM). Anhand der bislang publizierten Fälle und 3 zusätzlicher Kasuistiken wird analysiert, inwieweit serologische und pathomorphologische Befunde zur Klassifikation der klinischen Symptomatik beitragen.

Methoden: Parallel zur Erhebung klinischer Daten wurden CK und Schilddrüsen-Werte i.S. bestimmt sowie hämatologische und immunologische Spezialuntersuchungen durchgeführt.

Ergebnisse: Die Latenz zwischen HSCT und PM lag zwischen 100 Tagen und 69 Monaten. Die in der Mehrzahl der Fälle pathologische CK-Serumkonzentration erreichte selten Werte über 6000U/l. Histologisch fanden sich in betroffenen Muskeln überwiegend lymphozytäre Infiltrate bestehend aus T-Zellen. Als seltene Verlaufsform wird eine rezidivierende schwere granulomatöse Myositis und Fasziitis mit Polyserositis im Anschluss an eine Donor-Lymphozyten-Infusion (DLI) 4 Monate nach allogener HSCT bei einem 58-jährigen Patienten mit idiopathischer Myelofibrose beschrieben (Abb.1+2). Bei einer 31-jährigen Patientin mit akuter lymphatischer Leukämie vom B-Zell-Typ wurde sekundär zu einer Steroid-Myopathie 1 Jahr nach allogener HSCT eine cGvHD-assoziierte PM mit erhöhtem AK-Titer gegen quergestreifte Muskulatur bei normaler CK diagnostiziert. Bei einer 31-jährigen Patientin mit myelodysplastischem Syndrom wurde 25 Monate nach allogener HSCT eine langsam progrediente Tetraparese mit pathologischem ANA- und Thyreoglobulin-AK-Titer, Sklerodermie-typischen Hautveränderungen und einem muskelbioptischen Befund im Sinne eines Overlap-Syndromes festgestellt.

Schlussfolgerungen: Eine PM im Rahmen einer cGvHD manifestiert sich häufig nach Dosisreduktion der Immunsuppressiva. DLI-getriggerte PM und post-HSCT-PM ohne vorausgegangene DLI unterscheiden sich klinisch nicht von einer idiopathischen PM, zeichnen sich jedoch durch ein schnelleres therapeutisches Ansprechen aus. Als Verlaufsparameter erscheint der CD4/CD8-Ratio im peripheren Blut geeigneter als Auto-AK-Titer-Kontrollen. In Einzelfällen konnte eine Koinzidenz der PM und GvHD-Exacerbation mit einem gemischten Chimärismus im peripheren Blut nachgewiesen werden.