Aktuelle Neurologie 2008; 35 - P452
DOI: 10.1055/s-0028-1086706

Monozentrische intensivmedizinische Erfahrungen mit der selektiven Immunadsorption bei schweren Verlaufsformen des Guillain-Barré-Syndroms

N Galldiks 1, M Neveling 1, G.R Fink 1, W.F Haupt 1
  • 1Köln

Hintergrund: Während die Wirksamkeit des Plasmaaustauschs, der Plasmapherese und der intravenösen Immunglobulingabe (IVIG) bei der Behandlung eines GBS bereits in großen Kollektiven (1, 2) untersucht wurde, stehen im Vergleich dazu derzeit nur wenige Untersuchungen in kleinen Fallzahlen mit der selektiven Immunadsorption (sIA) zu Verfügung. Insbesondere stehen Untersuchungen in größerer Fallzahl bei schwer betroffenen Intensivpatienten mit GBS aus.

Methoden: Intensivbedürftige Patienten mit klinisch und elektrophysiologisch gesichertem GBS und schwer ausgeprägten Symptomen, definiert als ein Hughes-Grad (1) ≥3 sowie rascher klinischer Verschlechterung und drohender respiratorischer Insuffizienz innerhalb der ersten 7 Tagen nach Symptombeginn, wurden mittels der sIA behandelt. Die retrospektive Datenerhebung erfolgte für einen Zeitraum von 10 Jahren (1998–2008).

Ergebnisse: 30 intensivbedürftige GBS-Patienten (mittleres Alter: 53±16 Jahre; 13 Frauen, 17Männer) mit schwerer Verlaufsform (Hughes-Grad 5: 30% [n=9], Grad 4: 57% [n=17], Grad 3: 13% [n=4]) wurden im Mittel 4,7±3,9 Tage nach Symptombeginn mittels der sIA behandelt. Im Mittel wurden pro Patient 3,2±0,8 Immunadsorptionen durchgeführt. Der Hughes-Grad bei Aufnahme betrug 4,2±0,7, bei Verlegung von der Intensivstation 3,4±0,9. Während des Krankenhausaufenthaltes trat die Verbesserung um einen Hughes-Grad nach 14,6±15,5 Tagen ein.

In 67% der Patienten (n=20) wurden aufgrund der Schwere des Krankheitsbildes anschließend mindestens über 3 Tage Immunglobuline (30g/d) intravenös verabreicht. Die isolierte sIA war ebenso wie die sequentielle Therapie mit IVIG wirksam (p=0,008 und p ≤0,001; Mann-Whitney Rank Sum Test).

Bei einem Patienten musste wegen eines kritischen Allgemeinzustandes die sIA abgebrochen werden; bei 2 Patienten kam es zu einem Blutdruckabfall, der jedoch symptomatisch behandelt werden konnte. Bei 6 Patienten (20%) kam es unter der sIA zu einem Fibrinogenabfall, der die Behandlung verzögerte. Unabhängig von der sIA traten in 20% der Patienten (n=6) autonome Dysfunktionen mit kreislaufwirksamen Arrhythmien auf, wovon 3 Patienten (10%) eine passagere Herzschrittmacheranlage benötigten.

Schlussfolgerungen: Bei schwer betroffenen GBS-Patienten scheint die sIA eine sichere und wirksame Therapiemöglichkeit darzustellen. Gegenüber der isolierten sIA scheint die sequentielle Therapie aus sIA und IVIG keinen Vorteil aufzuweisen.

References: [1] Lancet 1997;349:225–30. [2] Neurology 1985;35:1096–114.