Aktuelle Neurologie 2008; 35 - P447
DOI: 10.1055/s-0028-1086701

4 Fälle einer iatrogenen Beinplexusläsion nach Darmoperationen

D Steinert 1
  • 1Vallendar

Einleitung: Iatrogene Nervenläsionen können in Abhängigkeit der OP-Dauer, der Lagerungsmethode und der Vulnerabilität der Nerven durch Komorbiditäten entweder zu einem Leitungsblock oder zu einer zusätzlichen Degeneration der Axone führen. Die Inzidenz postoperativer Lagerungsschäden wird mit ca. 1 zu 1000 angegeben. Darmoperationen werden in der sog. Steinschnittlagerung (SSL) durchgeführt, bei der insbesondere der N. femoralis (durch Kompression am Leistenband) und der N. ischiadicus (durch Druck am Foramen infrapiriforme oder Überdehnung) gefährdet sind.

Methoden: Wir berichten über vier Patientinnen im Alter von 44 bis 71 Jahren, die zwischen Oktober 2006 und Oktober 2007 am Dickdarm operiert wurden. Unmittelbar nach dem Eingriff traten erstmals proximal betonte, sensomotorische Ausfälle eines Beines (oder beider B.) auf, wobei in allen Fällen das Bein kontralateral zum OP-Feld (stärker) betroffen war. Der weitere Verlauf wurde über mehrere Wochen im Rahmen einer stationären Rehabilitation (Dauer zw. 3 und 5 Wochen) beobachtet und die Patientinnen im Februar 2008 schriftlich über mögliche residuale Symptome befragt.

Ergebnisse: Alle Patientinnen wiesen Paresen und Sensibilitätsstörungen des oberen Beinplexus auf (einseitig: N=3, bds.: N=1). Eine eingehende radiologische Abklärung hatte jeweils keinen wegweisenden Befund ergeben. Alle Patientinnen waren anfangs nicht oder nur mithilfe gehfähig. Im Verlauf des Aufenthaltes bildeten sich die Symptome kontinuierlich zurück, sodass in allen Fällen bei Entlassung ein selbständiges Gehen möglich war (ohne Hilfsmittel: N=2, mit einer Gehhilfe: N=1, mit Rollator N=1).

Schlussfolgerungen: Bei postoperativ neu aufgetretenen neurologischen Defiziten sollte stets auch an einen Lagerungsschaden gedacht werden. Insbesondere bei der SSL sollten eine zu starke Flexion, Abduktion und Außenrotation des Hüftgelenkes vermieden werden, um einer Druckschädigung der Beinnerven vorzubeugen. Zusätzlich können Bauchdeckenspreizer oder der Druck des OP-Assistenten auf die Leistenbeuge zu Nervenläsionen führen. Da bei unseren Patientinnen zunächst in keinem Fall eine iatrogene Schädigung diskutiert wurde, möchten wir bei der hier dokumentierten guten Prognose eines Leitungsblockes an diese Differentialdiagnose erinnern.