Aktuelle Neurologie 2008; 35 - V241
DOI: 10.1055/s-0028-1086594

Peri- und interiktaler Kopfschmerz bei Patienten mit Epilepsie

B Wawrzyniak 1, L Ghaeni 1, J Matzen 1, M Holtkamp 1
  • 1Berlin

Fragestellung: Bei Patienten mit Epilepsie stellt Kopfschmerz mit und ohne zeitlichen Bezug zu epileptischen Anfällen eine relevante Komorbidität dar. Ziel dieser Studie war die Identifikation von Frequenz, Charakteristik und Risikofaktoren des periiktalen (PKS) und des interiktalen Kopfschmerzes (IKS).

Methoden: Alle Patienten (≥18 Jahre) mit epileptischen Anfällen, die sich ambulant zwischen November 2006 und Dezember 2007 in einem tertiären Epilepsiezentrum vorstellten, wurden einem semi-strukturierten Interview unterzogen. Häufigkeit und Charakteristik des präiktalen, iktalen, postiktalen und interiktalen Kopfschmerzes wurden untersucht. Verglichen wurden klinische Variablen bei Patienten mit und ohne PKS bzw. IKS sowie die Anfallstypen mit und ohne PKS.

Ergebnisse: Insgesamt wurden 201 Patienten (n=132 ein Anfallstyp, n=66 zwei, n=3 drei) befragt. Ein PKS fand sich bei 72 Patienten (anfallsbezogen, n=80), dieser war bei n=18 (n=21) präiktal, bei n=1 (n=1) rein iktal und bei n=61 (n=67) postiktal. Der PKS (anfallsbezogen) war bei n=21 migräneartig und bei n=48 spannungskopfschmerzartig. Die KS-Intensität (visuelle Analogskala, MW) betrug 6,7 prä- und 5,9 postiktal, 39% der Patienten mit PKS nahmen Analgetika. Ein IKS fand sich bei 71 Patienten mit einer Stärke von 4,9 (MW) und einer Dauer von 10,5h (MW). Unter Migräne litten 32% und unter Spannungskopfschmerz 55% der Patienten, 68% nahmen Analgetika. Risikofaktoren des PKS waren weibliches Geschlecht (58%, kein PKS 41%; p=0,019), eine lange Dauer der Epilepsie (23±19 vs. 14±14 Jahre; p<0,0001), eine antiepileptische Polytherapie (50 vs. 33%; p=0,02) und tonisch-klonisch generalisierte epileptische Anfälle (75 vs. 42%; p<0,0001). Anfallstypen mit einer geringen Prävalenz von PKS waren Absencen (1%, kein PKS 9%; p=0,022) und einfach fokale Anfälle (4 vs. 18%; p=0,002). Risikofaktoren des IKS waren weibliches Geschlecht (63%, kein IKS 39%; p=0,001) und eine idiopathisch generalisierte Epilepsie (34%, kein IKS 20%; p=0,024).

Schlussfolgerungen: Bei Patienten mit Epilepsie sind PKS und IKS häufig und nicht ausreichend behandelt. Risikofaktoren des PKS sind weibliches Geschlecht, lange Dauer der Epilepsie, antiepileptische Polytherapie und tonisch-klonisch generalisierte Anfälle. Risikofaktoren des IKS sind weibliches Geschlecht und idiopathisch generalisierte Epilepsien. Insbesondere Risikopatienten sollten nach PKS und IKS gefragt werden, eine adäquate analgetische Therapie kann diese Komorbidität verringern.