Aktuelle Neurologie 2008; 35 - V240
DOI: 10.1055/s-0028-1086593

Kathodale Gleichstromstimulation inhibiert trigeminale und somatische Schmerzverarbeitung

F Poitz 1, N Hansen 1, A Antal 1, W Paulus 1, M Obermann 1, Z Katsarava 1
  • 1Essen, Göttingen

Fragestellung: Die transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS) ist eine nicht-invasive Methode, mit der kortikale polaritätsabhängige Erregbarkeitsmodifikationen induziert werden können, die durch Hyper- oder Depolarisation neuronaler Membranen erzeugt werden. Mehrere Studien haben gezeigt, dass Schmerzsyndrome durch den antinozizeptiven Effekt der tDCS klinisch relevant beeinflusst werden können.

Ziel der Studie: Untersucht wurden die unmittelbaren schmerzmodulierenden Einflüsse der kathodalen bzw. anodalen tDCS des motorischen Kortex auf die trigeminale und somatische Schmerzverarbeitung. Hierfür wurden mittels einer vor Ort entwickelten, konzentrischen, nozizeptivspezifischen transkutanen Elektrode (Katsarava et al 2006) schmerzevozierte Potentiale trigeminal und digital abgeleitet.

Studiendesign: Verblindete 3-armige cross-over Untersuchung (kathodal vs. anodal vs. sham) an 16 gesunden Probanden. tDCS wurde für 20 Minuten über dem motorischen Kortex, der im Vorfeld mittels Magnetstimulation identifiziert wurde, appliziert. Die Ableitung der trigeminalen sowie somatischen schmerzevozierten Potentiale erfolgte sowohl vor, unmittelbar nach sowie in 20- und 50-minütigem Abstand nach tDCS. Zielvariable: Veränderungen der Peak-to-Peak Amplituden der schmerzevozierten Potentiale.

Ergebnisse: Die kathodale tDCS führt zu einer signifikanten Minderung der Peak-to-peak Amplitude sowohl der trigeminalen als auch der somatischen schmerzevozierten Potentiale. Anodale- und sham tDCS hingegen zeigen keine signifikanten Veränderungen.

Diskussion: Die Ergebnisse der Studie sind ein weiterer Beweis der antinozizeptiven Wirkung der kathodalen Gleichstromstimulation, was sich vermutlich auf kortikaler Ebene abspielt. Ein vergleichbarer Effekt wurde durch Antal et al, 2008 mittels Laser evozierten Potentialen bereits beschrieben.

Die kathodale Gleichstromstimulation stellt somit möglicherweise ein zukünftiges Therapieverfahren für akute und chronische Schmerzen dar.

Literatur: Katsarava Z, Ayzenberg I, Sack F, Limmroth V, Diener HC, Kaube H. A novel method of eliciting pain-related potentials by transcutaneous electrical stimulation. Headache. 2006 Nov-Dec;46(1o):1511–7. Antal A, Brepohl N, Poreisz C, Boros K, Csifcsak G, Paulus W. Transcranial direct current stimulation over somatosensory cortex decreases experimentally induced acute pain perception. Clin J Pain. 2008 Jan;24(1):56–63.