Aktuelle Neurologie 2008; 35 - V208
DOI: 10.1055/s-0028-1086575

Bedeutung des Chemokinrezeptors CCR2 in Tiermodellen hereditärer Neuropathien

M Oberländer 1, S Fischer 1, R Martini 1, M Berghoff 1, M Müller 1
  • 1Münster, Würzburg, Gießen

Hereditäre Polyneuropathien (Charcot-Marie-Tooth Erkrankungen) sind chronische Erkrankungen des peripheren Nervensystems deren Ursache häufig auf einem Gendefekt in den Myelinproteinen Pmp22 und P0 oder dem Tunnelprotein Cx32 beruht. P0-defiziente Mäuse sind ein etabliertes Tiermodell zur Untersuchung der Pathogenese einiger Formen erblicher Neuropathien. Heterozygote P0-Defizienz (P0+/-) führt zu Dekompaktierung und Degeneration von Myelin, homozygote P0-Defizienz (P0-/-) auch zu axonalem Verlust. Weiterhin zeigt sich eine erhöhte Anzahl an Immunzellen v.a. von Makrophagen, die durch die Chemokin- und Zytokinexpression myelinbildender Schwannzellen aktiviert werden und einen erheblichen Einfluss auf den Krankheitsverlauf haben. Bei P0+/- Mutanten werden Makrophagen vorwiegend intrinsisch generiert, bei P0-/- Mäusen kommt es zum Einstrom von außen. Die molekularen Faktoren, die diese Vorgänge kontrollieren sind weitgehend unbekannt. Ein möglicher Kandidat ist der Chemokinrezeptor CCR2. Durch Verkreuzung von CCR2-defizienten mit P0-defizienten Mäusen wurde die Auswirkung eines CCR2-Mangels auf die Myelinschädigung peripherer Nerven untersucht. Immunhistochemische und elektronenmikroskopische Analysen des N. femoralis zeigen in P0+/- Mäusen keine Veränderung in der Makrophagenanzahl, jedoch führt ein CCR2-Mangel zu mehr morphologisch aktivierten Makrophagen und zu einer Zunahme demyelinisierter Axone. Expressionsanalysen zeigen erhöhte Proteinlevel der Zytokine M-CSF, TNF-alpha und CXCL1 sowie des Matrix-Metalloproteinaseinhibitors TIMP-1. Unsere Daten weisen darauf hin, dass CCR2 die Makrophagenaktivierung in P0+/- Mäusen begrenzt und vermehrte Demyelinisierung verhindert. Die intrinsische Generierung endoneuraler Makrophagen ist ähnlich wie bei CCL2-defizienten Mäusen nicht beeinträchtigt. In P0-/- Mäusen führt der CCR2-Mangel zur Reduktion endoneuraler Makrophagen und in preliminären Untersuchungen zu geringerer Faserschädigung im N. plantaris. Hier ist die Reduktion endoneuraler Makrophagen ein Hinweis auf die Bedeutung von CCR2 für die Rekrutierung hämatogener Makrophagen. Ob dies ein direkter Effekt von CCR2 auf den Einstrom hämatogener Makrophagen ist oder CCR2 für die Bereitstellung von Monozyten aus dem Knochenmark nötig ist, ist Gegenstand aktueller Untersuchungen. Unsere Ergebnisse belegen die Rolle des CCR2 Chemokinsystems in der Pathogenese erblicher Neuropathien, das für zukünftige Therapiestrategien in Betracht gezogen werden kann.