Aktuelle Neurologie 2008; 35 - V164
DOI: 10.1055/s-0028-1086547

Mesenchymale Knochenmarkstammzellen wandern gezielt in maligne Gliome ein und beteiligen sich an der Neoangiogenese

T Birnbaum 1, J Hildebrandt 1, C Schichor 1, B Krebs 1, B Korte 1, F Trillsch 1, P Nelson 1, R Goldbrunner 1, A Straube 1
  • 1München

Fragestellung: Die Verwendung mesenchymaler Stammzellen des Knochenmarks (MSC) als zelluläre Vektoren im Rahmen einer Gentherapie ist ein vielversprechender neuer Ansatz in der Behandlung maligner Gliome. In Vorarbeiten konnten wir zeigen, dass maligne Gliome in vitro eine ausgeprägte chemotaktische Wirkung auf MSC ausüben und dass hieran mehrere angiogenetische Wachstumsfaktoren beteiligt sind. In der vorliegenden Studie sollte geprüft werden 1), ob sich der Gliom-gerichtete Tropismus von MSC auch in vivo bestätigt und 2), ob MSC an der Neoangiogenese maligner Gliome beteiligt sind.

Methoden: Humane MSC wurden aus Knochenmarksbiopsien isoliert und mittels FACS-Analyse charakterisiert. Anschließend wurde in vitro mittels Immunfluoreszenzfärbung die Differenzierung von MSC unter Einfluss von Gliom-konditioniertem Medium untersucht. Schließlich wurde im Rattenmodell die intratumorale Verteilung von MSC nach i.v. Injektion analysiert. Hierzu wurden neben nativen MSC auch modifizierte MSC verwendet, die vor Transplantation mit einem Plasmid transfiziert wurden, welches unter Kontrolle des Gefäß-spezifischen Tie2-Promotors red fluorescent protein exprimiert (RFP-Tie2-MSC). Die Auswertung erfolgte mittels Immunhistochemie und konfokaler Laser-Mikroskopie.

Ergebnisse: Nach i.v. Injektion wurden MSC ausschließlich im Tumor sowie im direkt angrenzenden Gebiet, nicht aber im gesunden Hirnparenchym gefunden. Die Mehrzahl der MSC war in den Wänden kleiner Tumorgefäße lokalisiert. RFP-Tie2-MSC inkorporierten ebenfalls vornehmlich in die Gefäßwände und exprimierten in hohem Maße RFP als Hinweis auf eine Differenzierung der MSC während der Angiogenese. Unter Einfluss Gliom-konditionierten Mediums änderten MSC in vitro ihre typische Fibroblasten-ähnliche in eine Perizyten-ähnliche Struktur. Darüber hinaus exprimierten sie die Marker CD-151, VE-cadherin, alpha smooth muscle actin, desmin und NG-2, während die Marker von Willebrand Faktor sowie Myosin negativ blieben.

Schlussfolgerungen: Wir konnten erstens demonstrieren, dass humane MSC in vivo nach i.v. Injektion gezielt von malignen Gliomen rekrutiert werden. Sie stellen damit vielversprechende Kandidaten für die Verwendung als zelluläre Vektoren im Rahmen einer Gentherapie dar. Zweitens konnten wir zeigen, dass MSC (wahrscheinlich durch Differenzierung in Perizyten) aktiv an der Neoangiogenese des malignen Glioms beteiligt sind. Hieraus könnten sich zukünftig neuartige antiangiogenetische Therapiekonzepte ergeben.