Aktuelle Neurologie 2008; 35 - M114
DOI: 10.1055/s-0028-1086523

Positive Effekte der Bewegungsbeobachtung bei der Erholung nach Schlaganfall

F Binkofski 1, D Ertelt 1, G Seidel 1, G Buccino 1
  • 1Lübeck; Parma, I

Der Schlaganfall gilt seit Jahren als diejenige neurologische Erkrankung mit dem häufigsten Auftreten und findet sich in Deutschland als drittgrößte Todesursache. Aufgrund der großflächigen Beteiligung von Hirnregionen, die für die Planung und Ausführung von Bewegungen zuständig sind, führt ein Schlaganfall sehr oft zu motorisch definierten Beeinträchtigungen, die damit zu den prominentesten Folgen eines Schlaganfalls werden: etwa 85% –90% der Patienten leiden beim akuten Schlaganfall unter starken funktionellen Beeinträchtigungen der Arme und Hände. Die Mehrzahl der Symptome wird in der Zukunft chronisch und es können nur 38% der Patienten durch Therapie wenigstens teilweise Fingerfertigkeit zurückerlangen. Da viele motorische Symptome den Schlaganfall bestimmen, stellen diese Patienten die größte Gruppe in der motorischen Rehabilitation. Momentan sind die motorischen Neurorehabilitationsverfahren im Aufbruch: hier finden sich neben älteren, evidenzbasierten Methoden eine sich beständig vergrößernde Anzahl neuer Möglichkeiten, die die Ergebnisse der modernen Neurowissenschaften nutzen. Unter diesen Verfahren finden sich seit kurzer Zeit auch so genannte „mentale Techniken“, d.h. Maßnahmen, die z.B. die Vorstellungskraft oder Beobachtungsgabe des Patienten nutzen, um Symptomlinderungen herbeizuführen.

Unsere neue Therapiemethode basiert dabei auf der Nutzung der funktionellen Eigenschaften des Spiegelneuronensystems – dabei wird der Effekt der Bewegungsbeobachtung dazu genutzt, um differenziell die Mechanismen der mentalen Simulation von Bewegungen und der Anregung von zentralen Repräsentationen von Bewegungen anzuregen. Das Therapieschema besteht aus der abwechselnden Beobachtung und Beübung von alltäglichen Bewegungen. Die Komplexität der Bewegungen wird im Laufe des Trainings langsam gesteigert. Der klinische Status und die Effekte der Therapie werden mithilfe von standardisierten objektiven (Wofl-Motor-Function, Frenchay-Arm-Test) und subjektiven (Stroke Impairment Scale) Skalen erfasst.

Wir berichten die positiven Effekte der neuen Therapie bei der ersten Gruppe von 16 Patienten mit einer chronischen Armparese und die ersten Erfahrungen bei der Anwendung der Therapie bei Patienten im subakuten Stadium motorischem Schlaganfall.

Unsere Daten zeigen eindeutig, dass die Einbeziehung von Bewegungsbeobachtung eine sinnvolle Ergänzung zu den traditionellen Therapieverfahren bietet.