Aktuelle Neurologie 2008; 35 - M111
DOI: 10.1055/s-0028-1086520

Reorganisation des motorischen Netzwerkes in der frühen Phase nach Schlaganfall

M.S Vry 1, D Saur 1, R Umarova 1, H Mast 1, I Mader 1, F Hamzei 1, C Weiller 1
  • 1Freiburg

Fragestellung: Eine funktionelle Restitution des motorischen Defizites ist häufig bereits in der Akut- bis frühen Postakutphase nach Schlaganfall zu beobachten. Der Beitrag früher kortikaler Reorganisation zur Funktionserholung ist bisher nicht bekannt.

Methode: Patienten mit akuter, erstmaliger zerebraler Ischämie und Armparese wurden longitudinal zu drei Zeitpunkten (0–48h, 96–120h, 10–14d) mit passiver und aktiver Handbewegung der betroffenen und der gesunden Seite mit funktioneller MRT untersucht. Die motorische Funktion wurde mit verschiedenen Tests zu allen drei Zeitpunkten erfasst. Die strukturelle Integrität des cortikospinalen Traktes wurde mittels Diffusion Tensor Imaging dargestellt. Kortikale Aktivierungsmuster wurden longitudinal auf Single-Subject-Niveau im Vergleich zur gesunden Seite sowie im Gruppenvergleich gegenüber Kontrollen analysiert.

Ergebnisse: Bereits in den ersten Tagen nach Schlaganfall zeigte sich eine interindividuell variabel ausgeprägte Dynamik des kortikalen Aktivierungsmusters. Unter Berücksichtigung der Infarktcharakteristik wie der Integrität des cortikospinalen Traktes lassen sich dabei insbesondere auf der Ebene sekundär-motorischer Areale unterschiedliche Reorganisationsstrategien innerhalb des motorischen Netzwerkes aufzeigen: (i) dynamische Aktivierung ipsiläsioneller prämotorischer Kortexareale, (ii) persistierende Hochregulierung des kontraläsionellen prämotorischen Kortex, welche (iii) mit der Aktivierung des ipsiläsionellen primär-motorischen Kortex und der motorischen Performance korreliert.

Diskussion: Bereits in der frühen Phase nach Schlaganfall lässt sich funktionell relevante kortikale Reorganisation nachweisen. Die Dynamik des frühen Aktivierungsmusters korreliert mit dem Restitutionsverlauf im Kontext der Schlaganfallcharakteristik. Weitere follow-up-Untersuchungen bis in die chronische Phase müssen zeigen, ob das frühe Aktivierungsmuster als Prädiktor für das langfristige Outcome genutzt werden kann.