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DOI: 10.1055/s-0028-1086510
Akute Psychose ausgelöst durch Einnahme eines Muskelaufbaupräparats bei Porphyrie?
Hintergrund: Porphyrien sind hereditäre Störungen der Hämbiosynthese der Leber oder sekundär erworben. Anhäufung von Porphyrinvorstufen führt zu neuropsychiatrischen und abdominellenen Symptomen. Stress, Sexualhorme, zahlreiche Medikamente sowie energiearme Diät begünstigen die Manifestation.
Kasuistik: Der 24-jährige Patient, der eine frei verkäufliche Kombination aus Kreatin, Aminosäuren, Eiweiß und Testosteronmodulatoren zum Muskelaufbau einnahm, beklagte nach mehrstündigem Kraftsport Ganzkörperschmerzen und Unwohlsein. Der Notarzt traf ihn delirant und dysarthrisch an, medikamentöse Sedierung führte zu respiratorischer Insuffizienz, Intubation und Aufnahme auf die Intensivstation. In der Vorgeschichte hatte es wegen Bauchschmerzen wiederholte gastroenterologische Untersuchungen ohne pathologische Befunde gegeben. Es bestand von väterlicher Seite eine Familienanamnese für depressive Erkrankungen. Nach Extubation erbrach der Patient wiederholt; er war noch 2 Tage psychomotorisch unruhig und beklagte beidseitigen Visusverlust. Eine kranielle Computertomographie am 1. Tag zeigte ein geringes generalisiertes Hirnödem, die Kernspintomographie war am 4. Tag unauffällig. Negativ waren Liquorbefund, Drogenscreening und serologische Vaskulitisparameter. Das initiale EEG zeigte eine schwere Allgemeinveränderung mit generalisierter hochamplitudiger Deltaaktivität, vier Tage später lag Beta-Grundaktivität mit bilateraler Delta-/Theta-Unterlagerung vor. Leicht erhöhte Transaminasen und eine CK-Erhöhung bis 10.000U/l normalisierten sich im Verlauf. Koproporphyrin und Porphyrine im Urin waren deutlich erhöht; unauffällig waren Delta-Aminolävulinsäure und Porphobilinogen im Urin vier Tage nach Krankheitsbeginn. Sonographisch zeigten sich keine Leberschäden. Hautveränderungen bestanden nicht. Unter symptomatischer Therapie und Verzicht auf porphyrinogene Medikamente bildeten sich die Symptome innerhalb weniger Tage vollständig zurück.
Schlussfolgerungen: Die klinische Symptomatik der Porphyrie ist unspezifisch, dennoch muss diese seltene Erkrankung bei akuten neuropsychiatrischen Symptomen erwogen werden. Im vorliegenden Fall mit akuter Psychose und kortikaler Blindheit gehen wir von einer durch starke körperliche Anstrengung mit Rhabdomyolyse und Einnahme von den Testosteronspiegel erhöhenden Substanzen getriggerten Koproporphyrie aus. Eine hereditäre oder sekundäre Form der Porphyrie ist dabei denkbar.