Aktuelle Neurologie 2008; 35 - M83
DOI: 10.1055/s-0028-1086503

Transkranielle Gleichstromstimulation in translationalen Studien zur Neurorehabilitation

C Breitenstein 1, N Rösser 1, M de Vries 1, S Knecht 1, A Flöel 1
  • 1Münster

Fragestellung: Von allen Folgen eines Schlaganfalls zählen aphasische Störungen für den Patienten zu den schwerwiegendsten. Die bisherigen therapeutischen Möglichkeiten erzielen häufig nur mässige Verbesserungen sprachlicher Leistungen. Aus tierexperimentellen Untersuchungen entwickelte Ansätze wie die transkranielle Gleichstromstimulation (engl. transcranial direct current stimulation, tDCS) könnten einen Ansatz zur effektiven und messbaren Verbesserung gestörter Funktionen darstellen.

Methoden und Ergebnisse: Im folgenden Beitrag werden eine Serie von Untersuchungen vorgestellt, die darauf abzielen, diesen Ansatz für den Menschen im sprachlichen System zu adaptieren. In einer ersten Arbeit untersuchten wir, ob sich der Erwerb eines künstlichen Vokabulars verbessern lässt. In einer gekreuzten doppelblinden Studie wurden 20 gesunde Probanden untersucht. Sie erhielten für 20min eine anodale, kathodale, oder Schein-Stimulation über dem linken posterioren Temporallappen, während sie jeweils parallele Versionen eines Minilexikons lernten. Es zeigte sich, dass der Erwerb des Minilexikons durch anodale Stimulation (1mV) signifikant verbessert wurde (1). Weiter wird eine Arbeit zur Modulation des Lernens einer künstlichen Grammatik vorgestellt. Hier lernen in einer demnächst abgeschlossenen Studie in einem Zwischengruppendesign 40 gesunde Probanden eine Grammatik, entweder mit 20min anodaler tDCS oder mit Scheinstimulation über dem linken präfrontalen Kortex. Ausserdem untersuchen wir zur Zeit, ob anodale tDCS des linkshemisphärischen Netzwerkes während intensiven Sprachtrainings bei chronischen Aphasikern den Lernerfolg verbessert.

Schlussfolgerungen: Für die tDCS konnte bereits eine transiente Verbesserung motorischer Funktionen bei chronischen Schlaganfallpatienten gezeigt werden (2). Die hier vorgestellten Studien zeigen, dass anodale Gleichstromstimulation mit den von uns verwandten Stimulationsstärken und -orten sprachliches Lernen verbessern kann. Die Technik, die einfach anwendbar und für den Patienten schmerzfrei und gefahrlos ist, könnte damit zu einer breit einsetzbaren adjuvanten Therapie in der klinischen Neurorehabilitation entwickelt werden.

Literatur: [1] Floel A, Rösser N, Michka O, Knecht S, Breitenstein C. Non-invasive brain stimulation improves language learning. J Cogn Neurosci in press. [2] Hummel F, Celnik P, Giraux P, et al. Effects of non-invasive cortical stimulation on skilled motor function in chronic stroke. Brain 2005;128:490–499.