Aktuelle Neurologie 2008; 35 - V10
DOI: 10.1055/s-0028-1086480

Kognition, Liquorparameter, Dopaminmetabolismus und Demenzmarker in verschiedenen Stadien der HIV-Infektion

K Biehl 1, N Gregor 1, D Reichelt 1, E Koutsilieri 1, P Young 1, S Evers 1, G Arendt 1, I.W Husstedt 1
  • 1Kompetentnetzwerk HIV-AIDS Ruhr-Universität Bochum

Die HIV-assoziierte Demenz hat ihr klinisches und ätiopathogenetisches Bild seit der Einführung von HAART als Standardtherapie geändert und wird neu als HIV-assoziierte neurokognitive Einschränkung bezeichnet und in drei Schweregrade unterteilt. Bei 102 Patienten mit einer laborchemisch nachgewiesenen HIV-Infektion seit 7,9±6,8 Jahren (MV±1 SD) wurde eine konventionelle Liquoranalyse durchgeführt sowie aus dem Liquor Dopamin und dessen Abbauprodukte, die konventionellen Demenzmarker A-beta-Amyloid (AB), Gesamt-Tau (GT) und Phopho(181)-Tau (PT) bestimmt. Zur Evaluierung der Kognition wurden visuell ereigniskorrelierte Potentiale (P300) eingesetzt. Die neurobiochemischen und -physiologischen Verfahren wurden nach bereits publizierten Methoden durchgeführt. Statistische Analysen ergaben hochsignifikante Korrelationen zwischen der Viruslast im Liquor und im Blut sowie der Dauer der HIV-Infektion, der Zellzahl im Liquor und der CD4+-Zellzahl. Dopamin und sein Abbauprodukt DOPAC korrelierte mit der Viruslast im Liquor und im Blut, während sich für die Werte der CD4+-Lymphozyten keine positiven Korrelation ergab. Für AB, GT und PT ergaben sich hochsignifikante Zusammenhänge mit der Dauer der HIV-Infektion sowie der Viruslast im Blut und im Liquor. Die P 300 korrelierte signifikant mit der Zellzahl im Liquor, den Stadien der HIV -Infektion gem. CDC-Klassifikation sowie AB und GT. An einem kleinen Kollektiv (n=18) konnte eine partielle Längsschnittuntersuchung durchgeführt werden. Im Verlauf ergaben sich statistisch hochsignifikante Unterschiede für die Viruslast im Liquor, AB und GT. Die Veränderung von GT korrelierte im Verlauf signifikant mit der Viruslast im Liquor, die Veränderungen von AB mit den CDC-Stadien. Die Ergebnisse dieser Untersuchung weisen auf hochkomplexe Interaktionen zwischen der Entwicklung der Viruslast im Liquor, P300 als Marker für Kognition sowie dem Metabolismus von Dopamin und den Veränderungen konventioneller Demenzmarker wie AB und GT hin. Diese Ergebnisse und Korrelationen vermitteln einen Einblick in die komplexen Mechanismen und neurochemischen Veränderungen als Ursache neurokognitiver Einschränkung trotz HAART. Manche dieser HIV-induzierten Alterationen stellen auch Teilaspekte von degenerativen Erkrankungen des ZNS dar. Insbesondere der Verlauf der Viruslast im Liquor und die Korrelation mit den anderen neurochemischen Markern weist auf die Notwendigkeit einer speziellen Betrachtung und Behandlung des ZNS hin.