ZFA (Stuttgart) 2008; 84(8): 321-326
DOI: 10.1055/s-0028-1083787
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Mit Überweisung vom Hausarzt zum Spezialisten – Haben Verträge zur Hausarztzentrierten Versorgung (HZV) einen Einfluss?

Contacts to Specialists with Referrals by GP – Have GP Centred Health Care (HZV) Contracts an Impact?D. Ose 1 , B. Broge 2 , B. Riens 2 , J. Szecsenyi1 , 2
  • 1Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Germany
  • 2AQUA – Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH, Geschäftsführung, Göttingen, Germany
Further Information

Publication History

eingereicht: 05.07.2008

akzeptiert: 24.07.2008

Publication Date:
21 August 2008 (online)

Zusammenfassung

Im Jahr 2004 wurde den gesetzlichen Krankenkassen die Möglichkeit gegeben ihren Versicherten eine Hausarztzentrierte Versorgung (HZV) anzubieten. Ein Anliegen dieser HZV-Angebote ist es, die Koordinations- und Steuerungsfunktion des Hausarztes zu stärken. Ziel der vorliegenden Analyse ist es zu untersuchen, ob die Verträge zur HZV einen Beitrag dazu geleisten, dass Versicherte häufiger mit Überweisung zum Spezialisten gehen. Die Daten stammen aus der Evaluation von Verträgen zur HZV (HZV-Evaluation), die seit 2005 in fünf Modellregionen umgesetzt werden. Die HZV-Evaluation ist als prospektive, kontrollierte Kohortenstudie angelegt. Zudem wird für jede Kohorte HZV-Versicherter eine Vergleichsgruppe gebildet. Dabei wird jedem HZV-Versicherten ein Versicherter mit vergleichbarer Morbidität zugeordnet („Matched Pairs”). Grundlage für die vorliegende Analyse ist die erste von drei Kohorten, die im Verlauf der Evaluation betrachtet werden. Zur Beantwortung der Fragestellung wird die Inanspruchnahme von Konsultationen beim Spezialisten der HZV-Versicherten (n=236 221) mit der Inanspruchnahme in der Vergleichesgruppe (n=236 221) verglichen. Insgesamt wurden im Jahr 2005 2 847 203 Konsultationen beim Spezialisten abgerechnet. 1 390 030 davon wurden durch HZV-Versicherte und 1 457 173 durch die Vergleichsgruppe in Anspruch genommen. Deutliche Unterschiede zeigten sich bei der Inanspruchnahme von Spezialisten mit Überweisung vom Hausarzt. Während in der Vergleichgruppe der Anteil von Konsultationen mit Überweisung von 54,1% (2005) auf 50,3% (2006) sinkt, steigt dieser Anteil bei den HZV-Versicherten von 68,8% (2005) auf 72,5% (2006). Die Ergebnisse der Analyse zeigen, dass Verträge zur Hausarztzentrierten Versorgung einen Einfluss darauf haben, dass Versicherte häufiger mit Überweisung vom Hausarzt zum Spezialisten gehen.

Abstract

In the year 2004 the German statutory health care funds got the possibility to offer their insured a special GP centred health care contract (HZV). In a new legislation since 2007 the statutory health care funds now are obligated to offer this kind of contract. A substantial reason for this legal regulation is to strengthen the role of GP's as a coordinator in the health care system which until now is characterized by high utilisation of primary and specialized services. In this paper we focus on the question wether partricipation in HZV leads to an increasing proportion of patients who contact a specialist with a referral from a GP instead of direct access. The evaluation is based on routine claims data from pro-jects which started in 2005 in 5 regions. The HZV evaluation is projected as a prospective, controlled cohort study. Controls are matched for age, sex and morbidity. To investigate the influence of HZV we compare the consultation of the specialists by HZV insured (n=236 221) and not HZV insured (n=236 221) patients. Altogether in the year 2005 2 847 203 consultations (contacts) to specialist were accounted, 1 390 030 of these for HZV insured and 1 457 173 for not HZV insured. Clear differences showed up for consultations with a referral from GP. For not HZV insured patients the rate of consultations with a GP referral decreased from 54,1% in 2005 to 50,3% in 2006. For HZV insured patients this rate increased from 68,8% in 2005 to 72,5% in 2006. The results oft this analysis shows, that GP centred health care has an impact on the proportion of patients who contact a specialist with a referral from a GP.

Literatur

  • 1 Health Council of the Netherlands . European primary care. , Draft report presented to the conference Shaping the EU Health Community. Den Haag, 7–9 September 2004
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  • 3 Atun RA. What are the advantages and disadvantages of restructuring a health care system to be more focused on primary care services?. World Health Organization 2004
  • 4 Rosemann T, Rüter G, Szecsenyi J. Überweisungen vom Hausarzt zum Facharzt: Naht- oder Bruchstelle?.  Dtsch Ärztebl. 2006;  37 A2387-A2392
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  • 6 Bawidamann G, Mader FH. GFB-Studie findet die Ergebnisse, die sie vorgibt.  Hausarzt. 2001;  13 12-14
  • 7 Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. , Fachdefinition. Abgerufen im Internet am 3.7.2008 unter http://www.degam.de/fachdefinition.html
  • 8 Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen (AQUA) .Evaluation der Modelle zur Hausarztzentrierten Versorgung – Projektbeschreibung. Göttingen 2007 Abrufbar im Internet unter: http://www.aqua-institut.de/pdf/HZV-Evaluation-Projektdarstellung-2007-05-23.pdf
  • 9 Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen (AQUA) .Evaluation der Modelle zur Hausarztzentrierten Versorgung – Beschreibung des methodischen Vorgehens. Unveröffentlichtes Arbeitspapier. Göttingen 2007
  • 10 Thies-Zajonc S. Wenn der Hausarzt überweist. Peter Lang: Frankfurt 1995
  • 11 Lamers LM, Vliet RCJA. Health-based risk adjustment.  Eur J Econom. 2003;  4 107-114

1 Weitere Informationen zur Hausarztzentrierten Versorgung können unter www.aqua.de abgerufen werden.

2 Für weiterführende Informationen siehe [9] [11].

3 Betrachtet werden die vom Spezialisten abgerechneten Konsultationen (Kontakte), unabhängig davon, ob diese durch den Hausarzt oder den Patienten initiiert wurden

4 Unterscheidung nicht trennscharf – dient ausschließlich der Illustration.

5 Ist in den Verträgen regional unterschiedlich geregelt; direkt zugänglich in Nord-Württemberg: Augen- und Frauenärzte; direkt zugänglich in allen anderen Regionen: Augen-, Frauen- und Kinderärzte, psychologische Psychotherapeuten und psycho-therapeutische Ärzte

Korrespondenzadresse

D. Ose

Universitätsklinikum Heidelberg

Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung

Voßstr. 2

Geb. 37

69115 Heidelberg

Germany

Email: dominik.ose@med.uni-heidelberg.de

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