Gesundheitswesen
DOI: 10.1055/a-1813-8182
Originalarbeit

Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Medizin: vom großen Wunsch und wenig Berücksichtigung

Balancing Family and Career in Medicine: Greatly Desired but Given Little Consideration Results of the Study Arm VI of the KARiMED Study
1   Lehrstuhl für Didaktik und Bildungsforschung im Gesundheitswesen, Fakultät für Gesundheit, Universität Witten/Herdecke, Witten
2   Abteilung für Plastische und Rekonstruktive Chirurgie, Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Marien Hospital Witten, Witten
,
Mahsa Bagheri
3   Klinik für Plastische Chirurgie, Handchirurgie, Schwerbrandverletztenzentrum, Universität Witten/Herdecke Klinikum Köln Merheim, Köln
,
Jan Ehlers
1   Lehrstuhl für Didaktik und Bildungsforschung im Gesundheitswesen, Fakultät für Gesundheit, Universität Witten/Herdecke, Witten
1   Lehrstuhl für Didaktik und Bildungsforschung im Gesundheitswesen, Fakultät für Gesundheit, Universität Witten/Herdecke, Witten
,
Jörg Hauser
4   Klinik für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie, Handchirurgie, Alfried-Krupp-Krankenhaus, Essen
,
Daniel Johannes Tilkorn
4   Klinik für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie, Handchirurgie, Alfried-Krupp-Krankenhaus, Essen
,
Irini Helena Leifeld
5   Klinik für Plastisch-rekonstruktive, Ästhetische und Handchirurgie, Klinikum Kassel, Kassel
,
PaulChristian Fuchs
3   Klinik für Plastische Chirurgie, Handchirurgie, Schwerbrandverletztenzentrum, Universität Witten/Herdecke Klinikum Köln Merheim, Köln
,
Christian Günter Georg Sorg
6   Lehrstuhl für Management und Innovation im Gesundheitswesen, Fakultät für Wirtschaft und Gesellschaft, Universität Witten/Herdecke, Witten
› Author Affiliations

Zusammenfassung

Ziel der Studie Familienleben und die Berufsausübung sind für junge Ärztinnen und Ärzte hohe Güter. Entsprechend ist eine gute Vereinbarkeit beider Lebensbereiche wichtig. Trotz seit Jahren gegebener politischer Rahmenbedingungen und gesetzlicher Ansprüche, scheint die Umsetzung gerade in der Medizin nicht einfach zu sein und mit großen Vorbehalten und Problemen der Beteiligten verbunden.

Methodik Mittels einer Online-Befragung wurde der medizinische Mittelbau aus universitären und peripheren Krankenhäusern zu Themen rund um Familie, Kinder und berufsbiographischen sowie karriererelevanten Themen befragt und anschließend genderspezifisch analysiert.

Ergebnisse Die Studienteilnehmenden waren zu 65,1% verheiratet und hatten bereits Kinder bzw. äußerten einen Kinderwunsch (86,0%). Die meisten waren in Vollzeit (80,8%) beschäftigt. Der überwiegende Anteil der Teilzeitbeschäftigten war weiblich (87,4%). Bei 34,6% lag eine zeitliche Unterbrechung von 18,5±21,3 Monate in der Karriere vor, welche zu 87,8% aufgrund von Schwangerschaft oder Kindern genommen wurden. Ärztinnen nehmen im Allgemeinen deutlich mehr Elternzeit in Anspruch als Ärzte (6–12 Monate: Frauen 62,2%; Männer 22,4%; 12 Monate und mehr: Frauen 25,2%; Männer 6,6%). Die Familienplanung wird durch Vorgesetzte nur wenig unterstützt (21,2% viel bis sehr viel Unterstützung) und 45,6% geben an, Probleme mit deren Rückkehr in den Beruf bzw. dem beruflichen Weiterkommen erlebt zu haben. Bei knapp 60% der Teilnehmenden bestehen im eigenen Krankenhaus keine spezifischen Arbeitszeitmodelle für Mitarbeitende mit betreuungspflichtigen Kindern.

Schlussfolgerung Für die Umsetzung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei Ärztinnen und Ärzten sind in erster Linie Änderungen auf Seiten des Unternehmens notwendig. Zusätzlich müssen die jeweiligen Vorgesetzten umdenken, um eine Parallelisierung dieser beiden Lebensbereiche ihrer Mitarbeitenden zu ermöglichen. Jedoch müssen auch die jungen Ärztinnen und Ärzte ihre Sicht auf dieses Thema überdenken. Nur die reine Forderung zur Veränderung arbeitsrechtlicher Umstände bei Fortführung traditioneller Familienkonstellationen zu Hause, scheint diesem Thema in der heutigen Zeit nicht mehr gerecht zu werden.

Abstract

Aim of the study Family life and professional practice are both highly important for young physicians. Accordingly, a good balancing of both areas of life is necessary. Despite political framework conditions and legal requirements that have been in place for years, implementation of measures to achieve this seems to be difficult, especially in medicine, and is associated with great reservations and problems on the part of those involved.

Methods By means of an online survey, the medical mid-level staff from university and peripheral hospitals was questioned on topics related to family, children and professional biographical as well as career-relevant topics and subsequently analyzed on a gender-specific basis.

Results Of the study participants, 65.1% were married and already had children or expressed a desire to have children (86.0%). Most were employed full-time (80.8%). The majority of part-time employees were female (87.4%). For 34.6%, there was a career break of 18.5±21.3 months, 87.8% of which were taken due to pregnancy or children. Female physicians generally took significantly more parental leave than male physicians (6–12 months: females 62.2%; males 22.4%; 12 months or more: females 25.2%; males 6.6%). Family planning received little support from superiors (21.2% much to very much support) and 45.6% reported having experienced problems with their return to work or career advancement. Almost 60% of the participants did not have any specific working time models in their own hospital for employees with children who need to be cared for.

Conclusion In order to implement a work-life balance for physicians, changes are first and foremost necessary on the part of the institutions. In addition, the respective superiors must rethink in order to enable a parallelization of these two areas of their employees‘ lives. However, young physicians must also rethink their view of this issue. Demanding changes in labor law while continuing traditional family constellations at home does not seem to do address this issue adequately.



Publication History

Article published online:
02 June 2022

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