Klin Monbl Augenheilkd 2022; 239(02): 169-176
DOI: 10.1055/a-1690-7468
Übersicht

Spezifische Biomarker im Kammerwasser von Glaukompatienten

Article in several languages: deutsch | English
Sabrina Reinehr
Experimental Eye Research Institute, Ruhr-Universität Bochum, Deutschland
,
Ana M. Mueller-Buehl
Experimental Eye Research Institute, Ruhr-Universität Bochum, Deutschland
,
Teresa Tsai
Experimental Eye Research Institute, Ruhr-Universität Bochum, Deutschland
,
Experimental Eye Research Institute, Ruhr-Universität Bochum, Deutschland
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Zusammenfassung

Das Glaukom, eine multifaktorielle neurodegenerative Erkrankung, ist die zweithäufigste Ursache für Erblindungen. Da eine Früherkennung die rechtzeitige Behandlung ermöglicht, ist es notwendig, entsprechende Marker zu finden. Für eine Früherkennung oder auch eine Kontrolle im Behandlungsverlauf. könnten sog. Biomarker in Zukunft von Nutzen sein. Beim Glaukom könnten diese Messwerte im Kammerwasser bestimmt werden. So wurden bereits veränderte Antikörper-, Protein-, microRNA- (miRNA), oder Spurenelementlevel nachgewiesen. Dieser Übersichtsartikel gibt einen Einblick in mögliche Veränderungen im Kammerwasser von Patienten mit primären Offenwinkelglaukom (POWG), Normaldruckglaukom (NDG) oder Pseudoexfoliationsglaukom (PEXG). Untersuchungen zu Antikörperveränderungen konnten bei POWG-Patienten eine Hochregulation von Antikörpern detektieren, die mit dem Immunsystem assoziiert sind, wie z. B. das Hitzeschockprotein (HSP) 27. Das HSP27 lag auch bei PEXG-Patienten hoch-, beim NDG hingegen herunterreguliert vor. In POWG- und PEXG-Proben konnten erhöhte Werte bestimmter Proteine, u. a. Interleukine und Endothelin-1, gemessen werden. Endothelin-1 ist ein Vasokonstriktor und spielt möglicherweise eine Rolle bei der Regulation des Augeninnendrucks. Proteine, die bei der Antwort gegen oxidativen Stress eine Rolle spielen, wurden hingegen in verringerter Konzentration vorgefunden. Beim NDG waren Proteine, die für die Beseitigung von toxischen Nebenprodukten der Atmungskette zuständig sind, herunterreguliert. Es konnten außerdem verschiedene miRNAs im Kammerwasser von POWG- und PEXG-Patienten identifiziert werden, die im Zusammenhang mit der Entwicklung von Geweben, neurologischen Erkrankungen und zellulärer Organisation stehen. Weitere beim Glaukom regulierte miRNAs spielen eine Rolle bei der Remodellierung der extrazellulären Matrix und könnten so einen Einfluss auf den Abflusswiderstand im Trabekelmaschenwerk haben. Interessanterweise konnten auch veränderte Level von Spurenelementen, wie Zink oder Selen, im Kammerwasser von Glaukompatienten detektiert werden. Die erhöhten Zinkwerte könnten am Ungleichgewicht der Matrixmetalloproteinasen im Auge beteiligt und somit für einen erhöhten Augeninnendruck verantwortlich sein. All diese Studien zeigen die komplexen Kammerwasserveränderungen beim Glaukom auf. Möglicherweise kann ein Teil dieser Biomarker zukünftig zur Früherkennung der Erkrankung herangezogen werden.



Publication History

Received: 30 August 2021

Accepted: 06 November 2021

Article published online:
24 February 2022

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