Gesundheitswesen 2021; 83(03): 222-230
DOI: 10.1055/a-1327-2463
Originalarbeit

Zusammenhang zwischen sozioökonomischem Status und Entwicklungsstand – Datenlinkage von Ergebnissen der Kita- und Schulaufnahmeuntersuchung mit einer sächsischen Geburtskohortenstudie

Association between Socioeconomic Status and Developmental Status: Data Linkage of Results of the Daycare and School Entry Health Examinations of a Saxon Birth Cohort Study
Dorothea Redemann
1   Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden, Deutschland
,
Katrin Arnold
1   Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden, Deutschland
,
Diana Druschke
1   Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden, Deutschland
,
Luise Heinrich
1   Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden, Deutschland
,
Mario Rüdiger
2   Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Fachbereich Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden, Deutschland
,
Jörg Reichert
2   Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Fachbereich Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden, Deutschland
,
Jochen Schmitt
1   Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden, Deutschland
› Author Affiliations

Zusammenfassung

Hintergrund Die kindliche Entwicklung ist durch biologische (z. B. Geschlecht, Geburtsreife) und psychosoziale Faktoren (z. B. sozioökonomischer Status, außerfamiliäre Tagesbetreuung) determiniert.

Ziel der Arbeit Es wurde die Stärke des Zusammenhanges zwischen dem familiären sozioökonomischen Status (SES) sowie biologischer und weiterer psychosozialer Faktoren und dem Entwicklungsstand von 4- und 6-jährigen Kindern untersucht.

Methodik Mittels Datenlinkage von Primärdaten einer Geburtskohortenstudie und Routinedaten der sächsischen Gesundheitsämter zu Kindern der Geburtsjahrgänge 2007 bis 2008, die sowohl die Kita- als auch die Schulaufnahmeuntersuchung durchlaufen hatten (N=615), wurden Auffälligkeiten der Sprache, Feinmotorik und Grobmotorik auf Zusammenhänge mit psychosozialen und biologischen Faktoren geprüft. Potenzielle Assoziationen wurden auf Signifikanz getestet sowie mittels binär logistischer Regression als Chancenverhältnis dargestellt.

Ergebnisse Der Großteil sächsischer Kinder entwickelte sich bis zum Schuleintritt unauffällig. Die Sprache zeigte sich jedoch mit Auffälligkeiten bei 37% der Kinder zu beiden Untersuchungszeitpunkten als sensibler Entwicklungsbereich. In beiden Altersgruppen waren Jungen, Frühgeborene und Kinder mit niedrigem SES häufiger von Entwicklungsverzögerungen betroffen. Frühgeborene mit niedrigem SES weisen das höchste Risikopotential auf. Weiterhin scheint dem außerfamiliären Betreuungsbeginn Bedeutung zuzukommen.

Schlussfolgerung Die Ergebnisse stehen in Einklang mit nationalen und internationalen Untersuchungsbefunden. Eine wichtige neue Erkenntnis ist die deutlich erhöhte Wahrscheinlichkeit für Entwicklungsauffälligkeiten beim Zusammentreffen biologischer und psychosozialer Risikofaktoren. Zur Betrachtung von Entwicklungsverläufen und zur Evaluation initiierter Maßnahmen sind jedoch Längsschnittanalysen erforderlich.

Abstract

Background Child development is determined by both biological (e. g. gender, natal maturity) and psychosocial (e. g. socioeconomic status, daycare) factors.

Objectives To examine how familial socioeconomic status (SES) as well as biological and other psychosocial factors are associated with the state of development of 4- and 6-year-old children.

Methods Data linkage of primary data from a birth cohort study and routine data from the Saxon public health departments on children born between 2007 and 2008, who underwent both daycare health examination and school entry health examination (N=615), was used to examine speech and motor skills, both fine and gross, for associations with psychosocial and biological factors. Potential associations were tested for significance and shown as odds ratios by using binary logistic regression.

Results There were no noticeable problems in the development of the majority of Saxon children until school entry. Nevertheless, language seems to be a sensitive area of development, since 37% of the children showed problems at both time-points. Furthermore boys, preterm infants and children from a lower socio-economic class were more often affected by developmental delays, with preterm infants with low SES being at very high risk. Furthermore, the point of time of entering daycare seems to be of relevance for child development.

Conclusions The results are in line with national and international findings. An important new finding is the significantly increased likelihood of having developmental problems when biological and psychosocial risk factors coincide. However, longitudinal analyses are required to study developmental courses and to evaluate measures initiated to combat these issues.

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Article published online:
25 January 2021

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