Zusammenfassung
Die Prognose durch „Glaukom“ zu erblinden ist für Patienten psychisch extrem belastend,
denn Sorgen und Ängste, die Selbstständigkeit zu verlieren, bedeutet Dauerstress mit
dem Risiko von Depression und sozialer Isolation. Dass Stress nicht nur Folge, sondern
auch Ursache (Risikofaktor) von Glaukom sein kann, sollte nicht überraschen, da chronischer
Stress „psychosomatische“ Organschädigungen im ganzen Körper auslösen kann. Warum
sollte das Organ „Auge“ da eine Ausnahme sein? In der Tat vermuten Glaukompatienten
oft, starke emotionale Belastung sei Auslöser eines Gesichtsfeldverlusts oder „Nebelsehen“
gewesen. Diese Hypothese wird durch zahlreiche Beobachtungen unterstützt: (i) Stress
erhöht akut und chronisch den Augeninnendruck und (ii) Dauerstress ist mit vaskulärer
Dysregulation der Mikrozirkulation in Auge, Gehirn und anderen Organen assoziiert
(„Flammer-Syndrom“). Die Folgen sind partielle Hypoxie und Hypoglykämie (Hypometabolismus),
die Neuronen nicht absterben
lassen, sondern diese akut oder chronisch inaktivieren („stumme“ Neuronen). (iii)
Bei Glaukompatienten wird von degenerativen Veränderungen im Gehirn berichtet, und
zwar nicht nur in anterograden oder transsynaptischen Kerngebieten des zentralen Sehsystems,
sondern auch (iv) in Kerngebieten, die an emotionaler Bewertung und physiologischer
Stresshormonregulation beteiligt sind. Auch psychologische Beobachtungen unterstützen
die Idee von Stress als Ursache: (v) Glaukompatienten mit Flammer-Syndrom zeigen typische
Persönlichkeitsmerkmale, die mit geringer Stressresilienz assoziiert sind: Sie spüren
oft kalte Hände oder kalte Füße, sind ambitioniert (beruflich erfolgreich), perfektionistisch,
zwanghaft, grübeln viel und machen sich oft Sorgen. (vi) Wenn bei Glaukompatienten
durch Meditation Stresshormonspiegel und Entzündungsparameter reduziert werden, korreliert
dies mit einer Normalisierung des Augeninnendrucks und (vii) Gesichtsfeldverbesserungen
nach einer
Reizstromtherapie. Diese Art der Therapie, welche die Durchblutung und neuronale
Synchronisation verbessert, ist bei Persönlichkeiten mit hoher Stressresilienz deutlich
effektiver. Aus der Erkenntnis „Stress als Ursache von Glaukom“ folgt, dass ergänzend
zur Standardtherapie (i) Stressreduktion durch Entspannungstechniken empfohlen werden
sollte (z. B. Meditation) und (ii) zur Befolgung der Selbstmedikation keine Prognosen
kommuniziert werden, die Angst und Sorgen erhöhen („Sie werden blind“), sondern solche,
die Stress reduzieren („die Prognose ist optimistisch“).
Schlüsselwörter
Glaukom - Sehverlust - Stress - vaskuläre Dysregulation - Persönlichkeit - Restitution