Zusammenfassung
Hintergrund Patienten mit Gaumenspalte haben sehr häufig im Kindesalter einen binauralen Paukenerguss.
Die konsekutive Schallleitungsschwerhörigkeit gilt als Risikofaktor für die Entwicklung
einer auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung. In der internationalen Literatur
finden sich nur wenige Studien über die auditive Verarbeitung und Wahrnehmung bei
dieser Population. Daher hatte diese Untersuchung das Ziel, ein eigenes Patientenklientel
mit vorhandener Spalte unterschiedlicher Ausprägung hinsichtlich Auffälligkeiten auditiver
Leistungen zu bewerten und in Kontext mit der vorhandenen Studienlage zu setzen.
Material und Methoden In die Studie konnten 48 Patienten im Alter von 5–16 Jahren eingeschlossen werden.
Alle hatten eine nichtsyndromale Gaumenspalte und zum Zeitpunkt der Untersuchung ein
peripheres Normalgehör. Bei allen Patienten wurde eine HNO-ärztliche und audiologische
Untersuchung durchgeführt (Ohrmikroskopie, Reintonaudiogramm, Tympanometrie, Sprachverständnis
im Störschall, dichotische Diskrimination, auditives Kurzzeitgedächtnis) sowie ein
Elternfragebogen (DGPP-AVWS-FB) erhoben.
Ergebnisse Die Mehrzahl der Eltern gab im DGPP-AVWS-FB keine Auffälligkeiten hinsichtlich der
Leistungen der auditiven Verarbeitung und Wahrnehmung ihrer Kinder an. Das Hören im
Störschall war bei 69 % auffällig, das auditive Kurzzeitgedächtnis sowie auch die
dichotische Diskrimination bei 16,7 %. Insgesamt zeigte sich in der Altersverteilung,
dass sowohl beim auditiven Gedächtnis als auch beim dichotischen Hören vor allem die
jüngeren Kinder Defizite hatten. Kinder mit Auffälligkeiten beim Hören im Störschall
waren über alle Altersgruppen verteilt.
Schlussfolgerung Kinder und Jugendliche mit einer Gaumenspalte haben ein erhöhtes Risiko, Probleme
im Bereich der auditiven Verarbeitung und Wahrnehmung zu entwickeln. In der vorliegenden
Studienpopulation war vor allem das Hören im Störschall auffällig. 90 % der Kinder
hatten bereits eine Sprachtherapie absolviert, die bereits mögliche Probleme im Bereich
der auditiven Merkfähigkeit oder des dichotischen Hörens therapiert/kompensiert haben
könnte, jedoch weniger das Hören im Störschall.
Abstract
Background Patients with cleft palate often suffer from recurrent otitis media chronica with
effusion during infancy. The consecutive binaural conductive hearing loss is seen
as a risk factor for developing auditory processing disease. Since there are just
a few studies examining auditory processing in this population this study aimed to
investigate on an own patient cohort with different cleft manifestations in terms
of auditory processing disorders in context to given studies.
Material and methods This study included 48 patients (5–16 years): all patients had a non-syndromic cleft
palate and normal peripheral hearing at the time of examination. The protocol included
otoscopy, pure tone audiogram, speech intelligibility in noise, dichotic speech discrimination,
auditory short-term memory and a parental questionnaire.
Results The majority of the parents did not indicate problems in the parental questionnaire.
69 % of the participants showed conspicuous results in the speech intelligibility
in noise, whereas the dichotic speech discrimination and the auditory short-term memory
were suspicious in 16.7 % only. The results in both tests proved mainly a problem
in younger children. Noticeable results in speech intelligibility in noise were found
in all age groups.
Conclusion Children and adolescents with cleft palate are at risk to develop auditory processing
disorders. In this study population speech intelligibility in noise was the most common
problem. 90 % of the children had received a speech therapy which could have already
compensated problems concerning dichotic speech discrimination and the auditory short-term
memory but not problems in speech intelligibility in noise.
Schlüsselwörter
Gaumenspalte - auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung - Schallleitungsschwerhörigkeit
- Schulkinder - Paukenerguss
Key words
cleft palate - auditory processing disorder - conductive hearing loss - school age
children - otitis media with effusion