Gesundheitswesen 2021; 83(10): 854-859
DOI: 10.1055/a-1138-0663
Originalarbeit

Eine Abstimmung mit den Füßen gegen die Spezialisierung in der Inneren Medizin? – Zur Attraktivität der internistischen Fachrichtungen im Verlauf der ärztlichen Weiterbildung

Reflections on the attractiveness of General Internal Medicine and its Sub-Specialties in German Postgraduate Medical Education
Susan Selch
1   Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg
2   Institut für Biochemie und Molekulare Zellbiologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg
,
Sigrid Boczor
1   Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg
,
Juliane Meyer
1   Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg
,
Rüya Kocalevent
1   Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg
,
Martin Scherer
1   Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg
,
Hendrik van den Bussche
1   Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg
› Institutsangaben

Zusammenfassung

Ziel Es werden die Ergebnisse der KarMed-Studie für die Fachdisziplinen der Inneren Medizin nach 6-jähriger Weiterbildung dargestellt. Untersucht wurde, wie viele Ärztinnen und Ärzte die Innere Medizin für ihre Weiterbildung auswählten und wie sich dieses Sample über die weiteren 6 Untersuchungsjahre entwickelte. Zudem wurde geprüft, ob die Weiterbildung mit sich verändernden Präferenzen bezüglich des künftigen Versorgungssektors und der Arbeitszeit einhergeht und wie sich Innere Medizin mit und ohne Schwerpunkt unterscheiden. Einen Schwerpunkt der Untersuchung bildet die geschlechtsspezifische Betrachtung.

Methodik Die KarMed-Studie basiert auf den jährlichen postalischen Befragungen einer Kohorte von PJ-Studierenden des Jahrgangs 2008/09 (n=1012), die gegen Ende des Studiums und bis 6 Jahre danach während der Weiterbildung befragt wurde. Es wurden eine explorative Datenanalyse mit deskriptiven statistischen Methoden und logistische Regressionen durchgeführt.

Ergebnisse Die Untersuchung zeigt, dass die Innere Medizin eine gefragte medizinische Fachrichtung ist. Allerdings verschiebt sich im Verlauf der 6 Weiterbildungsjahre die Attraktivität von den Schwerpunktdisziplinen zur Inneren Medizin ohne Schwerpunkt, v. a. bei den Ärzten. Die Attraktivität der Inneren Medizin ohne Schwerpunkt ist – unabhängig von dieser zeitlichen Entwicklung – v. a. bei Ärztinnen gegeben, die nach der fachärztlichen Anerkennung in Teilzeit arbeiten möchten.

Schlussfolgerungen Die Innere Medizin in Deutschland ist nach wie vor die am meisten gewählte fachärztliche Richtung. Zugleich sinkt der Anteil der zukünftigen Internistinnen und Internisten, der nach der fachärztlichen Anerkennung im Krankenhaus arbeiten möchte. Dies gilt es bei der Personalplanung in den Krankenhäusern zu beachten und hier auch die abnehmende Attraktivität der Spezialdisziplinen in dieser Fachrichtung zu berücksichtigen.

Abstract

Objective The aim of the present study was to examine the number of physicians who chose internal medicine for their postgraduate training, their development over the 6-year period of training and whether there were changes in their preferences regarding future work sector and working hours, with a focus on gender-specific differences.

Methodology Annual postal surveys were conducted of a cohort of undergraduate students (N=1.012) in their final year of study 2008/09, and during the six years of their postgraduate training. Descriptive statistics were used for analysis.

Results The study showed that internal medicine was a sought-after medical discipline, which recruited up to 25% of medical graduates. However, over the course of the six years of postgraduate training, the attractiveness shifted from the specialized sub-disciplines of internal medicine to general internal medicine, especially among male physicians. General internal medicine was particularly attractive to female physicians who intended to work part-time after completion of their specialization.

Conclusions Internal medicine in Germany is still the most frequently chosen field of specialization. However, the proportion of physicians intending to work ina hospital after specialization is decreasing. This fact, together with the decreasing attractiveness of sub-disciplines in this field, must be taken into account when planning the staff in hospitals.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
25. Juni 2020

© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York

 
  • Literatur

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  • 5 Raspe M, Müller-Marbach A, Schneider M. et al. Arbeits- und Weiterbildungsbedingungen deutscher Assistenzärztinnen und Ärzte in internistischer Weiterbildung. Dtsch Med Wochenschr 2016; 141: 202-210
  • 6 Korzilius H. Wiedergeburt des Allgemein-Internisten. Deutsches Ärzteblatt 2007; 104 1057-1058