ergopraxis 2019; 12(05): 12-14
DOI: 10.1055/a-0864-2815
Wissenschaft
© Georg Thieme Verlag Stuttgart – New York

Internationale Studienergebnisse


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03 May 2019 (online)

Substanzbezogene Störung beginnt meist im Jugendalter – Langzeitarbeitslosigkeit und Sucht

Liegen bei Langzeitarbeitslosen eine oder mehrere Suchterkrankungen vor, so haben diese meist bereits im späten Jugend- bzw. frühen Erwachsenenalter ihren Ursprung. Die Dauer der Abhängigkeit ist damit weitaus länger als die Dauer der aktuellen Arbeitslosigkeit. Dies ist das Ergebnis der ersten 100 Gutachten des Essener SUNRISE-Projekts (Integrated Support of UNemployed at RIsk of SubstancE abuse disorders). Das aktuell noch laufende Projekt wird gemeinsam vom JobCenter Essen und der Klinik für abhängiges Verhalten und Suchtmedizin am LVR-Klinikum Essen durchgeführt.

Sachbearbeiter des Essener JobCenters schlagen alle Langzeitarbeitslosen der Altersgruppe zwischen 25 und 49 Jahren für eine Begutachtung vor, die nach ihrer Kenntnis oder Vermutung unter einer substanzbezogenen Störung leiden. Deren Teilnahme ist freiwillig. Im nächsten Schritt bietet ein Team von zwei Fachärzten für Psychiatrie und Psychotherapie für einen niederschwelligen Zugang direkt im JobCenter Begutachtungszeiten an. Diese sozialmedizinischen Gutachten geben Auskunft über die substanzbezogenen psychischen Symptome, deren Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit und über Behandlungsmöglichkeiten. Von den ersten 100 begutachteten Personen (83,9 Prozent männlich, durchschnittlich 40 Jahre alt) litten 87 Prozent unter mindestens einer substanzbezogenen, meist alkoholbezogenen Störung. In etwa der Hälfte der Fälle wurde eine weitere psychische Störung diagnostiziert. Nur eine Minderheit von 7,4 Prozent hatte den regelmäßigen Konsum der Problemsubstanz zeitgleich mit der aktuellen Arbeitslosigkeit begonnen. 51,2 Prozent hatten die Schule mit der 9. Klasse oder früher verlassen, eine Berufsausbildung hatten nur 44,8 Prozent absolviert. Die durchschnittliche Dauer der gegenwärtigen Arbeitslosigkeit betrug sieben Jahre.

Ziel des SUNRISE-Projekts ist es, nach der Begutachtung eine Therapie zu vermitteln, die die Langzeitarbeitslosen dazu befähigt, wieder langfristig in Arbeit zu kommen. Wegen der oft chronisch verlaufenden substanzbezogenen Störungen sind dazu Maßnahmen nötig, die die Sektoren Arbeitsmarkt und Gesundheitssystem übergreifen.

ari

Gesundheitswesen 2018; 80: 73–78