Zusammenfassung
Hintergrund Die Tonsillektomie zählt zu den in Deutschland am häufigsten
durchgeführten Operationen, deren gefährlichste Komplikation vor allem für
Kinder die Nachblutung darstellt. Die Bestimmung von INR und PTT erfolgt meist
nur noch in Ausnahmefällen.
Material und Methoden In einer retrospektiven, pseudonymisierten
Untersuchung aus einem 4-Jahreszeitraum wurden die Daten von Kindern und
jugendlichen Patienten mit Eingriffen am Waldeyerschen Rachenring erfasst.
Hierbei sollten anhand des präoperativen Fragebogens zur Blutgerinnungsanamnese
sowie des laborchemischen Screenings Risikofaktoren für Nachblutungen sowie für
ein von-Willebrand-Syndrom (vWS) identifiziert werden.
Ergebnisse Es handelte sich um 171 männliche und 137 weibliche Patienten,
bei denen vom 1. bis zum 13. postoperativen Tag bei 43 Kindern (14 %)
Nachblutungen beobachtet wurden. Davon traten 4,2 % innerhalb von 24 Stunden und
10,4 % nach 24 Stunden auf. Ein signifikant höheres Risiko für Nachblutungen
hatten Kinder mit anamnestisch häufigem Nasenbluten. Eine signifikant höhere
Nachblutungsrate bestand bei präoperativ pathologischem Hämoglobinwert. Für
Kinder mit vWS konnte ein signifikant erhöhtes Nachblutungsrisiko, festgestellt
werden.
Schlussfolgerungen Bei Vorliegen einer auffälligen Familienanamnese sowie
der Zusatzfragen an die Mutter des Blutungsfragebogens konnte ein signifikant
erhöhtes Risiko für ein vWS nachgewiesen werden. Hier empfiehlt sich die
Bestimmung der PTT sowie der PFA-100 und eine weitere vWS-Stufendiagnostik
anzuschließen. Auffällige Werte in der präoperativen Routinediagnostik,
besonders der Hämoglobinwert, können hinweisgebend für ein erhöhtes
Nachblutungsrisiko sein. Eine bestmögliche Risikoabschätzung für Nachblutungen
sowie dem vWS erfolgt durch eine gezielte Anamnese mittels standardisiertem
Fragebogen in Kombination mit einer gezielten Labordiagnostik.
Abstract
Objective Adenotonsillectomy is one of the most common surgical procedures
in Germany and the most critical postoperative complication is postoperative
hemorrhage, particularly for children. The medical history has been considered
superior to laboratory tests.
Material and Methods In a retrospective anonymous examination over a 4 –
year period the data of children and adolescent patients subject to surgery of
the Waldeyer’s tonsillar ring were recorded. Based on the preoperative
questionnaire of the blood coagulation history and the laboratory chemical
screening, risk factors for hemorrhage as well as for von Willebrand Disease
(VWD) were identified.
Results Included in the examination were 171 male and 137 female patients.
Postoperative hemorrhage occurred in 43 children (14 %) between the 1st and 13th
day after surgery. 4.2 % of the hemorrhage occured within 24 hours and 10.4 %
after 24 hours. Children with frequent epistaxis had a significant higher risk
of postoperative hemorrhage. A preoperatively pathological hemoglobin value was
associated with a significantly higher rate of postoperative bleeding In
children with VWD, a significantly increased risk of postoperative hemorrhage
was observed, particularly in male VWD patients.
Conclusions In case of a conspicious family history, especially of the
mother in the bleeding questionnaire, a significantly increased risk for VWD
could be observed. Here it is advisable to determine the PTT as well as PFA-100
and, to continue with a further VWD step-diagnostics. A suspect preoperative
laboratory screening, especially hemoglobin value, is associated with higher
risk of postoperative hemorrhage.
Schlüsselwörter Tonsillektomie - Nachblutung - von-Willebrand-Syndrom - Blutgerinnung - Anamnese
Key words tonsillectomy - postoperative bleeding - von Willebrand disease - blood coagulation
- anamnesis