Zusammenfassung
Einleitung Systematische Untersuchungen zum objektiven Verständnis von Patienten bezüglich häufiger
medizinischer Begriffe in Deutschland sind selten.
Methodik 196 Patienten (38 % weiblich, 62 % männlich) in stationären Fachabteilungen an einem
kommunalen Krankenhaus wurden mittels eines zuvor entwickelten Fragebogens untersucht.
Dieser enthielt 43 Fragen zu häufig im Alltag vorkommenden medizinischen Fachbegriffen.
Untersucht wurden der subjektive und objektive Bekanntheitsgrad. Zusätzlich wurde
eine Assoziation mit verschiedenen potenziellen Einflussfaktoren (u. a. Ausbildung,
Versicherungsstatus, Konsum bestimmter Informationsmedien) durchgeführt.
Ergebnisse Durchgehend gaben mehr Patienten an, die Bedeutung medizinischer Begriffe zu kennen,
als dies bei objektiver Überprüfung der Fall war. Die Assoziation des medizinischen
Kenntnisstandes mit verschiedenen Einflussfaktoren ergab, dass Frauen häufiger über
korrektes medizinisches Wissen verfügten als Männer (51,1 vs. 47,2 %, p = 0,12). Das
Lebensalter war negativ mit dem medizinischen Kenntnisstand korreliert (p < 0,001).
Die Länge der Schulbildung war mit einem besseren medizinischen Kenntnisstand assoziiert
(p < 0,001). Privat versicherte Patienten waren besser medizinisch gebildet als gesetzlich
Versicherte (p = 0,001). Männliche Patienten mit eher mentaler Arbeit hatten einen
besseren Kenntnisstand als solche mit körperlicher Arbeit (51,1 vs. 41,8 %; p = 0,002).
Zeitungs- und Fernsehkonsum sowie Anzahl der Arztkontakte waren nicht mit einer Verbesserung
des medizinischen Kenntnisstandes vergesellschaftet.
Fazit Ein hoher Bekanntheitsgrad medizinischer Begriffe kann Ärzte im Anamnesegespräch
dazu verleiten, das Verständnis dieser Begriffe auch von Seiten des Patienten stillschweigend
vorauszusetzen. Ärzte sollten daher durch aktives Nachfragen das Verständnis beim
Patienten sicherstellen. Zukünftige Erhebungen zur Gesundheitskompetenz auf Patientenseite
sollten diese Divergenz zwischen subjektiver Einschätzung und objektivem Wissen berücksichtigen.
Abstract
Introduction Systematic investigations of health literacy in German patients are rare and mostly
based on subjective self-assessment.
Methods In a cross-sectional survey, 196 patients (female 38 %, male 62 %) in medical and
surgical units were asked to complete a questionnaire that we had developed for this
purpose. This questionnaire contained 43 questions about common medical terms. We
investigated whether patients were familiar with these terms and could name the meaning
according to correct definition. Furthermore, the association with the patients’ socio-economic
and demographic parameters (e. g. education, insurance status, utilization of media)
was analyzed.
Results Among all questions of the questionnaire, more patients claimed to know their meaning
than this was the case by objective testing. Association of medical knowledge with
demographic and socio-economic data revealed that correct answers were more frequent
among women compared to men (51.1 % vs. 47.2 %; p = 0.12). Patients’ age was negatively
correlated with medical knowledge (p < 0.001). Higher educational level was associated
with a higher percentage of correct answers (p < 0.001). Private insurance status
had significant influence on medical knowledge (p = 0.002). Male patients working
intellectually (compared to working physically) had a higher percentage of correct
answers (p = 0.001). Other factors like reading newspapers, watching TV and number
of consultations per year did not influence the percentage of correct answers.
Summary Physicians should make sure by active inquiries whether the patient understands them
correctly. Furthermore, there is a considerable gap between subjective and objective
medical knowledge that future evaluations of health literacy should be aware of.
Schlüsselwörter
Anamnese - medizinisches Wissen - Kommunikation - Gesundheitskompetenz - Health-Literacy
Key words
anamnesis - medical knowledge - communication - health literacy