Klin Monbl Augenheilkd 2012; 229(10): 1009-1017
DOI: 10.1055/s-0032-1327782
Klinische Studie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Autosomal-rezessive Bestrophinopathie (ARB): klinische und molekulare Beschreibung zweier Patienten im Kindesalter

Autosomal Recessive Bestrophinopathy (ARB): A Clinical and Molecular Description of Two Patients at Childhood
M. N. Preising
1   Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde, Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH, Standort Gießen, Justus-Liebig Universität
,
C. Pasquay
1   Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde, Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH, Standort Gießen, Justus-Liebig Universität
,
C. Friedburg
1   Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde, Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH, Standort Gießen, Justus-Liebig Universität
,
W. Bowl
1   Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde, Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH, Standort Gießen, Justus-Liebig Universität
,
M. Jäger
1   Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde, Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH, Standort Gießen, Justus-Liebig Universität
,
M. Andrassi-Darida
1   Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde, Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH, Standort Gießen, Justus-Liebig Universität
,
B. Lorenz
1   Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde, Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH, Standort Gießen, Justus-Liebig Universität
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Publikationsverlauf

eingereicht 03. Juli 2012

akzeptiert 11. September 2012

Publikationsdatum:
24. Oktober 2012 (online)

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Zusammenfassung

Hintergrund: Die autosomal-rezessive Bestrophinopathie (ARB) ist mit Mutationen des BEST1-Gens assoziiert. ARB wird im Vergleich zur BEST1-assoziierten autosomal-dominanten (a. d.) juvenilen vitelliformen Makuladegeneration (Morbus Best, VMD) selten diagnostiziert, was nicht nur auf ihre geringe Prävalenz, sondern auch auf die phänotypischen Unterschiede zur VMD zurückzuführen ist. In dieser Arbeit werden die diagnoserelevanten Merkmale anhand von 2 Patienten dargestellt und neue Erkenntnisse aus der weiterführenden ophthalmologischen Diagnostik diskutiert.

Material und Methoden: Zwei unabhängige Patienten mit Visuseinschränkung im Kindesalter sowie 5 weitere Familienmitglieder wurden einer umfassenden ophthalmologischen Untersuchung einschließlich Elektroretinografie (ERG) und Elektrookulografie (EOG) nach ISCEV-Standard, Fundusautofluoreszenz (FAF) und Spectral-Domain optischer Kohärenztomografie (SD-OCT) unterzogen. Aufgrund der Verdachtsdiagnose wurde das BEST1-Gen auf Mutationen untersucht.

Ergebnisse: Die Patienten hatten einen Visus zwischen 0,2 und 0,5. Im Fundus waren multifokale gelbliche paramakuläre und periphere Läsionen auffällig, die mit Stellen erhöhter FAF korrelierten. Im OCT entsprachen diese Läsionen Verdickungen im Bereich des RPE. Vor allem im Bereich der inneren Körnerschicht waren optisch leere Räume zu erkennen, die an eine Retinoschisis erinnerten und keine veränderte FAF zeigten. Das Ganzfeld-ERG war bei beiden Patienten im Normbereich, das mfERG zeigte eine deutliche Amplitudenminderung im zentralen Bereich. Im EOG fehlte der Hellanstieg. Das Goldmann-Gesichtsfeld zeigte keine auffälligen Einschränkungen, in der funduskontrollierten Perimetrie fand sich ein zentraler Empfindlichkeitsverlust. Die molekulargenetische Analyse ergab 4 (2 neu beschriebene) Mutationen im BEST1-Gen jeweils im compound heterozygoten Zustand. Die untersuchten Familienmitglieder trugen jeweils eine der Mutationen im heterozygoten Zustand und zeigten ophthalmologisch keine Auffälligkeiten, außerhalb altersbedingter Veränderungen.

Schlussfolgerung: ARB ist eine seltene Erkrankung, die deutliche Unterschiede zum a. d. Morbus Best aufweist. Der Phänotyp ist an den extramakulären multifokalen gelblichen Läsionen mit erhöhter FAF bei gleichzeitig früh auftretender Visuseinschränkung gut zu erkennen. Spezielle Untersuchungsverfahren wie das OCT, die FAF-Aufnahme und die Elektrophysiologie stützen die Diagnose. Die molekulargenetische Untersuchung sichert sie ab und beweist den autosomal-rezessiven Erbgang.