Was ist neu?
Uneinheitliche Datenlage zur optimalen Zieltemperatur. Fiebervermeidung ist die derzeit einzige Maßnahme mit nachgewiesenem Nutzen, um nach
einem Herz-Kreislauf-Stillstand das Überleben mit gutem neurologischem Outcome zu
verbessern. Unklarheit besteht, ob und welche Patienten von einer niedrigeren Zieltemperatur
profitieren. Die ERC-Leitlinien von 2021 empfahlen für alle Patienten, nach inner-
und außerklinischem Herz-Kreislauf-Stillstand eine Zieltemperatur von 32−36°C über
mindestens 24 Stunden konstant zu halten. Diese Empfehlungen wurden 2022 durch die
ERC-ESICM-Leitlinien überarbeitet. So wird aktuell lediglich eine Fiebervermeidung
über 72 Stunden nach dem Ereignis empfohlen.
Grund dafür sind divergente Studienergebnisse der vergangenen Jahre. Zwei große randomisierte,
kontrollierte Studien kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen in Bezug auf die Verbesserung
des neurologischen Outcomes unter Hypothermie. Ursächlich sind hierfür möglicherweise
unterschiedliche Patientenkollektive, welche sich auf die Lage in Deutschland zudem
nur eingeschränkt übertragen lassen. Beide Studien können wichtige, neue Informationen,
jedoch keine definitiven Antworten liefern.
Wann soll die Temperaturkontrolle begonnen werden? Möglichst unmittelbar nach ROSC sollte die Temperaturkontrolle unter Einsatz von
Kühlsystemen mit internem Feedback-System begonnen werden. Die prähospitale Kühlung
mittels einer schnellen i.v.-Infusion großer Mengen kalter Flüssigkeit, unmittelbar
nach Wiederbelebung, wird nicht mehr empfohlen.
Komplikationen und unerwünschte Nebenwirkungen durch Hypothermie. Studiendaten zeigen, dass eine niedrigere Zieltemperatur das Infektionsrisiko nicht
signifikant erhöht. Auch führte eine Hypothermiebehandlung bei 33°C nicht zu einem
erhöhten Blutungsrisiko. Eine vorbestehende Koagulopathie oder aktive Blutung stellt
auch in den ERC-Leitlinien von 2021 keine Kontraindikation für eine Kühlungsbehandlung
dar. Jedoch bringen experimentelle Daten die Hypothermie mit einer Beeinträchtigung
der Gerinnungskaskade in Verbindung, sodass es sinnvoll erscheint, für diese Patienten
innerhalb des Korridors von 32−36°C eine höhere Zieltemperatur anzustreben.
Das im Rahmen der Hypothermie häufig auftretende Shivering kann durch Gaben von bevorzugt
kurzwirksamen, gut steuerbaren Opiaten und Sedativa gut unterbunden werden.
Signifikant häufiger traten in der TTM2-Studie unter Hypothermie bei 33°C Herzrhythmusstörungen
auf, welche auch mit einer hämodynamischen Instabilität einhergingen.
Abstract
Actively avoiding fever is the only possibility to improve neurological outcome after
cardiac arrest. It is uncertain if and which patients benefit from a lower target
temperature. The ERC Guidelines in 2021 recommended targeted temperature management
(TTM) for all patients after in- and out-of-hospital cardiac arrest with a target
temperature of 32−36 °C for at least 24 hours. These recommendations were updated
in 2022 by the ERC/ESICM Guidelines suggesting to avoid fever only within the first
72 hours after the event. Divergent results of recent trials lead to these guideline
changes. The large TTM2 Trial in 2021 did not show a benefit neither in survival nor
in neurological outcome in the group of hypothermia at 33°C compared to normothermia.
Although leading to the updated guidelines, applying these study results to the German
population is restricted as the rate of bystander cardiopulmonary resuscitation (CPR)
or shockable rhythms is much lower in Germany. Further studies are needed to allow
a better differentiation of subpopulations and to implement a more individual classification
und therapy.
Schlüsselwörter
TTM - Targeted Temperature Management - Hypothermie - Herz-Kreislauf-Stillstand
Keywords
TTM - targeted temperature management - hypothermia - cardiac arrest