Neuroradiologie Scan 2011; 1(1): 12-13
DOI: 10.1055/s-0030-1256905
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Tae WS, Kim SS, Lee KU et al. Hippocampal shape deformation in female patients unremitting major depressive disorder. AJNR Am J Neuroradiol 2011; 32:671–676

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Publication Date:
12 October 2011 (online)

Vor allem der linke Hippocampus ist atrophisch und deformiert bei Frauen mit Major-Depression

Dass Patienten mit einer Major-Depression (MDD) eine Hippocampus-Atrophie aufweisen, ist schon länger bekannt. Mittels einer Formanalyse im T1-gewichteten MRT gingen W. S. Tae aus Seoul, Korea, und seine Kollegen diesem Phänomen bei depressiven Frauen genauer nach.

Die Formanalyse des Hippocampus erlaubt im Unterschied zur reinen Volumetrie die genaue Untersuchung von anatomischen Subregionen mit 3-D-Darstellung von morphologischen Veränderungen, wie Einziehungen oder Ausweitungen.

Bei 21 Frauen mit MDD und 21 altersentsprechenden gesunden Frauen wurde diese Untersuchung durchgeführt und die Ergebnisse in Bezug zu klinischen Parametern gesetzt. Zusätzlich wurde eine intrakranielle Volumenmessung vorgenommen.

Auch in dieser Untersuchung bestätigte sich, dass das absolute Hippocampus-Volumen bei MDD-Patientinnen kleiner ist als bei gesunden Kontrollen. Dabei war der linke Hippocampus deutlich atrophischer als der rechte, was bei den MDD-Patienten zu einer Asymmetrie der beiden Hippocampi führte. Das Volumen des rechten Hippocampus war grenzwertig signifikant (p = 0,087) negativ mit der Zahl der depressiven Episoden korreliert. Alle anderen klinischen Parameter zeigten keine direkte Assoziation mit dem Hippocampus-Volumen.

Linker Hippocampus zeigt viele Einziehungen

In der Formanalyse stellte sich der linke Hippocampus bei den MDD-Patienten insgesamt eingezogen dar – im rechten Hippocampus war diese Veränderung weniger ausgeprägt. Im linken Hippocampus zeigten sich regionale Einziehungen im Bereich der Spitze des Hippocampus-Kopfes, des oberen Gyrus parahippocampalis (Ambient-Gyrus), des basalen Hippocampus-Kopfes (CA1) und der 2 dorsalen Anteile des Hippocampus-Kopfes und -Schwanzes (CA2 und CA3). Im rechten Hippocampus waren Einziehungen des Ambient-Gyrus, des lateralen Hippocampus-Kopfes und des Subiculums nachweisbar. Eine negative Korrelation fand man zwischen der Hamilton-Depression Rating Skale (HDRS) und den Formveränderungen im Bereich C3, Ambient-Gyrus, posteriorem Subiculum und Gyrus fasciolaris des linken Hippocampus.

Die in beiden Hippocampi nachgewiesene Einziehung des Ambient-Gyrus war links deutlich ausgeprägter als rechts. Da der Ambient-Gyrus die Verbindung zwischen anteriorem Temporallappen und Amygdala darstellt, könnte das Problem depressiver Patienten in der Verbindung zwischen Hippocampus und Amygdala liegen, schreiben die Autoren. Darüber hinaus weist die Einziehung des Subiculums auf eine abnorme Verbindung zwischen CA1 und entorhinalem Kortex hin. Über die Ursache der Hippocampus-Atrophie kann bisher nur spekuliert werden. Mögliche Einflüsse sind neurotoxische Effekte einer vermehrten Glukokortikoidsekretion, eine insuffiziente adulte Neurogenese im Bereich des Gyrus dentatus, eine Zerstörung von Dendriten oder der Verlust von Gliazellen.

Fazit
Bei Patientinnen mit MDD lassen sich eine Atrophie und regionale Einziehungen des Hippocampus nachweisen. Diese Veränderungen sind links deutlich stärker ausgeprägt als rechts. Die Ergebnisse der Studie unterstützen die Hypothese, dass vor allem der linke Hippocampus eine wesentliche pathogenetische Bedeutung bei der Entstehung von Depressionen hat.

Maria Weiß, Berlin

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