Dtsch Med Wochenschr 1977; 102(1): 5-10
DOI: 10.1055/s-0028-1104832
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Lactacidosen bei Diabetikern unter Biguanidbehandlung

Lactic acidosis in diabetics on biguanidesP. Wittmann, M. Haslbeck, W. Bachmann, H. Mehnert
  • Forschergruppe Diabetes und III. Medizinische Abteilung des Krankenhauses München-Schwabing
* »Lactacidose« oder »Milchsäureacidose« beschreibt die Stoffwechselsituation richtig. Auf den häufiger verwendeten Begriff »Lactatacidose« trifft dies nicht zu, da Lactate, die Salze der Milchsäure, alkalisierend wirksam sind.
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
07. April 2009 (online)

Zusammenfassung

Bei systematischer Suche nach Lactacidosen* bei biguanidbehandelten Diabetikern wurden innerhalb von acht Monaten zehn Fälle festgestellt, während in den vorangegangenen zehn Jahren kein einziger Fall mit Sicherheit diagnostiziert werden konnte. Das entsprach einer Häufigkeit von 1 : 2000 aufgenommenen Krankenhauspatienten. Alle zehn Patienten waren über 60 Jahre alt und wegen einer Herzinsuffizienz vorbehandelt. Die meisten wiesen eine länger bestehende Niereninsuffizienz auf. In keinem Fall waren die Biguanide übermäßig hoch dosiert worden. Wichtigste Parameter für die Diagnose sind die Lactatkonzentration im Blut (im Mittel 18,4 mmol/l) und das niedrige pH (im Mittel 6,9). Die radioimmunologisch bestimmten Biguanidkonzentrationen im Serum waren deutlich erhöht. Bei den meisten Patienten bestand bei der Einlieferung oder später ein Kreislaufschock. Alle wiesen in der Anamnese gastrointestinale Beschwerden auf. Trotz Intensivbehandlung mit Insulin und Glucose sowie vorsichtiger Korrektur der Acidose mit Bicarbonat starben vier der zehn Patienten. Die starke Zunahme des schweren Krankheitsbildes beruht offenbar vorwiegend darauf, daß früher die Diagnose nicht gestellt wurde, die Verwendung der Biguanide stark zugenommen hat und die Kontraindikationen dieser oralen Antidiabetika nicht sorgfältig genug beachtet werden.

Summary

A systematic search for cases of lactic acidosis among diabetics on biguanides revealed ten during an eight-month period, while in the preceding ten years not a single case had been definitely diagnosed. This represents a prevelance of 1 in 2000 patients admitted to hospital. All ten were over 60 years old and had previously been treated for heart failure. Most of them had suffered from renal insufficiency for some time. There was no case of biguanide overdosage. Criteria for the diagnosis of lactic acidosis are lactic concentration in blood averaging 18.4 mmol/l and a low pH, averaging 6.9. Serum-biguanide concentration (measured by radioimmunoassay) was markedly increased. Most of the patients were in circulatory shock on admission or soon after and all of them had a history of gastro-intestinal complaints. Despite intensive treatment with insulin and glucose and careful correction of the acidosis with bicarbonate four of the ten patients died.

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